Das schreibt Weihbischof in der München-Ausgabe der "Bild"-Zeitung (Samstag). Mehrere Tage habe es gedauert, dass Ministerpräsident Markus Söder eingeräumt habe, dass es sich beim Kreuz um ein religiöses Symbol handle. Doch viel wichtiger scheine ihm die "bayerische Identität" zu sein. Das Kreuz, so der Weihbischof, sei aber kein Symbol für Bayern "und erst recht kein Wahlkampflogo". Vielmehr sei es eine Verpflichtung dazu, in der Nachfolge Jesu Christi zu handeln.
Söder bringe das Kreuz zwar mit "christlichen Werten" in Verbindung, räumte der Weihbischof ein. Doch: "Wer im Geist des Kreuzes handeln will, der muss die Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellen, und zwar besonders die Menschen in Not." Konkret bedeute dies, so Bischof, etwa für Pflegebedürftige und Kranke einzutreten und in der Flüchtlingspolitik die Menschenwürde an die erste Stelle zu rücken. Auch heiße dies, Familien so zu fördern, dass alle Kinder eine gute Perspektive hätten. "Und im Sinne der Glaubwürdigkeit wäre es übrigens angebracht, erst einmal mit Taten zu überzeugen, bevor man medienwirksame Symbolpolitik folgen lässt", so Bischof.
Söder: Kreuz in erster Linie religiöses Symbol
In einem Interview mit dem "Straubinger Tagblatt" (Wochenendausgabe) konkretisierte Söder seine Regierungserklärung zum Kreuzerlass. "Natürlich ist das Kreuz in erster Linie ein religiöses Symbol", räumte er ein. "Aber im Symbol des Kreuzes bündelt sich auch die Grundidee eines säkularen Staates. So steht es auch in der bayerischen Verfassung und ist es durch Rechtssprechung der Verfassungsgerichte akzeptiert." Menschenwürde, Nächstenliebe, Toleranz seien Grundwerte des Christentums und "unserer Werteordnung". Daher habe das Kreuz "auch mit tiefgreifender Prägung und der Identität unseres Landes zu tun".
In den bayerischen Gerichten und Schulen gebe es bereits Kreuze, erklärte Söder. Dann könne es nicht falsch sein, sie auch im Eingangsbereich von Behörden aufzuhängen. Sogar die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, habe das begrüßt. "Da ist es schon erstaunlich, dass manch einer innerhalb der Kirche dies problematisch sieht", meinte der Ministerpräsident. Die Frage, ob sich die CSU damit nicht nur bei christlichen Wählern anbiedern wolle, beantwortete Söder mit nein.
Bayerische Wissenschaftsministerin: Kreuzerlass keine kluge Idee
Erstmals erhält Söder Widerspruch aus dem eigenen Kabinett für den Beschluss, das christliche Kreuz in allen staatlichen Behörden aufhängen zu lassen. Wissenschaftsministerin Marion Kiechle bezeichnete den Vorstoß am Freitagabend in der Fernsehtalkshow "3 nach 9" als "keine besonders kluge Idee".
Es sei schon richtig, dass das Kreuz auch ein "Symbol unserer Kultur" sei, ergänzte die CSU-Politikerin. Aber es gebe natürlich auch Menschen, die sich nicht vorschreiben lassen wollten, irgendetwas aufzuhängen. Jetzt müsse man aber erst einmal auf die konkreten Ausführungsbestimmungen warten.
Kiechle erst seit Kurzem in Söders Kabinett
In ihrem Ministerium hänge schon ein Kreuz und auch in ihrem Zimmer, betonte Kiechle, die erst vor kurzem in die CSU eingetreten ist. Sich selbst bezeichnete die 58-Jährige in der Talkshow als "gläubig", auch wenn sie keiner Kirche angehöre.
Kiechle ist Gynäkologin und Hochschullehrerin. Seit 2001 ist sie Vorsitzende der Bioethik-Kommission der Bayerischen Staatsregierung, seit 2002 stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Ethikkommission für Stammzellforschung. Söder berief sie im März in sein Kabinett als Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst. Seit 2010 ist Kiechle in vierter Ehe mit dem bekannten Sportjournalisten Marcel Reif verheiratet.