KNA: Herr Pater Wilmer, Sie waren viele Jahre im Ausland, zuletzt in Rom. Mit welchen Augen sehen Sie die deutsche Kirche?
Wilmer: Aus römischer Sicht ist die deutsche Kirche wichtig, weil dort eine hohe Reflexion herrscht. Die deutsche Kirche steht stellvertretend für die Ökumene - also die Überlegung, wie Christen insgesamt zusammenwachsen und zusammenarbeiten können.
KNA: Und wie sehen Sie das Bistum Hildesheim?
Wilmer: Mit offenen und leuchtenden Augen. Die Gläubigen und die Verantwortlichen des Bistums sind sehr kreativ. Sie haben neue Wege beschritten und haben offensichtlich Freude am Experimentieren.
KNA: Sie haben angekündigt, sich besonders von den Ideen junger Leute leiten zu lassen. Warum?
Wilmer: Ich bin leidenschaftlicher Pädagoge und habe den Großteil meines Lebens als Lehrer mit jungen Leuten gearbeitet. Jugendliche haben eine Frische, die der Gesellschaft und der Kirche guttut.
KNA: Wie wollen Sie junge Leute wieder für die Kirche begeistern?
Wilmer: Junge Leute kann man dann für die Kirche begeistern, wenn man ihnen nahe ist und wenn man sie nicht bewertet, sondern sie wertschätzt und ihnen etwas zutraut.
KNA: Wie wollen sie mit sinkenden Katholikenzahlen und damit auch mit zukünftig sinkenden Einnahmen aus der Kirchensteuer umgehen?
Wilmer: Sinkende Katholikenzahlen sind ja in allen deutschen Bistümern ein Thema. Ich gehe diese Herausforderung mit Gottvertrauen, Zuversicht und Schmackes an. Dass die Einnahmen aus der Kirchensteuer sinken werden, stimmt zwar, aber insgesamt ist die deutsche Kirche schon sehr reich. Auch das Bistum Hildesheim ist mittlerweile finanziell gut aufgestellt und kann ruhigen Gewissens den Weg nach vorne gehen.
KNA: Was halten Sie von Großgemeinden, wie es sie auch im Bistum Hildesheim gibt?
Wilmer: In der Seelsorge steht für mich der Mensch im Mittelpunkt und damit die Frage, wie der Einzelne seinen Weg vor Gott gehen und ausgeglichen leben kann. Grundsätzlich gilt, dass eine Gemeinschaft lebendig sein muss, ganz gleich welche Struktur sie hat.
KNA: Wichtiges Thema in Hildesheim wird weiterhin die Bewältigung der zurückliegenden Skandale von sexuellem Missbrauch sein. Wie sollte die Kirche Ihrer Meinung nach damit umgehen?
Wilmer: Die Missbrauchsfälle sind ein sehr ernstes Thema. Das Bistum Hildesheim hat einen guten Weg eingeschlagen, indem es Missbrauchsfälle durch ein unabhängiges Institut aufarbeiten ließ. Die Empfehlungen der Gutachter, sich auf diesem Feld noch professioneller aufzustellen, werden umgesetzt - und das ist richtig.
Zentral ist auch die hoch anerkannte Präventionsarbeit, die dafür gesorgt hat, dass bereits mehrere tausend Menschen in unserer Diözese geschult worden sind. Wir müssen in Zukunft noch wachsamer sein, dass sich so etwas nie wiederholt. Als neuer Bischof von Hildesheim werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen.
KNA: Die deutschen Bischöfe debattieren zurzeit über den Kommunionsempfang für protestantische Ehepartner in Einzelfällen. Wie stehen Sie dazu?
Wilmer: Die Kommunion ist wichtiges Thema unseres Glaubens. Bei wichtigen Themen finde ich es gut, dass wir um Positionen ringen und ringen dürfen. Im Augenblick hat der Papst den Ball zurückgespielt und die deutschen Bischöfe beauftragt, zu einer Einigung zu kommen. Ich bin gespannt, was daraus wird und werde mich dann natürlich an den Beschluss halten.
KNA: Wie bewerten Sie generell den Stand der Ökumene?
Wilmer: Ich persönlich bin ein großer Befürworter der Ökumene und bin überzeugt, dass wir auf diesem Gebiet bereits gute Fortschritte gemacht haben und weiter vorankommen werden.
KNA: Mal abgesehen von Ihrem Beruf: Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit?
Wilmer: In meiner Freizeit lese ich, höre Musik und fahre viel Fahrrad. Ich bin auch gerne in der Natur unterwegs, weil sie mich entspannt und erholt. Ich mag das Kino und das Theater, schaue mir aber auch gerne mal ein Fußballspiel an.
KNA: Ihre Fußballmannschaft?
Wilmer (lacht): FC 27 Schapen. Aber als neuer Bischof von Hildesheim freue ich mich natürlich auch, mit Hannover, Wolfsburg und Braunschweig gleich drei große Mannschaften in meinem Bistum zu haben.
KNA: Wie werden Sie sich in den nächsten vier Monaten auf Ihr neues Amt vorbereiten?
Wilmer: Ich werde mich für acht Tage in ein strenges Kloster zu Gebet, Stille und Einsamkeit zurückziehen. Im August steht dann mein Umzug an. Kurz darauf will ich mit Jugendlichen aus dem Bistum Hildesheim auf Wallfahrt gehen, um zu erfahren, welche Themen sie bewegen. Sie sollen mir sagen, wie ich Bischof sein soll.
Michael Althaus