Nur noch bulgarischen Priestern oder zumindest Geistlichen mit bulgarischer Ausbildung soll es in Zukunft vergönnt sein, in Bulgarien Gottesdienste zu feiern. So wollen es Abgeordnete der liberal-konservativen Regierungspartei GERB, die dem Parlament Anfang Mai zwei entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt hat.
Katholiken in Bulgarien in der Minderheit
Die darin vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich zwar zunächst nur auf EU-Ausländer, können es den Kirchen im Land dennoch schwer machen: Viele christliche Geistliche kommen Medienberichten zufolge nämlich aus dem (EU-) Ausland oder haben dort studiert. Immerhin liegt Bulgarien an der östlichen Grenze des Staatenverbunds und beheimatet viele Christen aus Nicht-EU-Ländern. Die katholische Kirche – in Bulgarien ohnehin schon in der Minderheit – wäre durch die Gesetzesänderung möglicherweise in ihrer Existenz bedroht: Es gibt in dem Balkanland kein Studium der katholischen Theologie. Das bedeutet: Es ist gar nicht möglich, in Bulgarien katholischer Priester zu werden.
Wer mit ausländischer Ausbildung doch noch zelebrieren möchte, der werde dafür laut Entwurfstext eine Genehmigung des staatlichen Kulturamtes brauchen – und die ist zeitlich auf drei Monate pro Kalenderjahr begrenzt. Ähnliche Hürden stellt der Änderungsvorschlag auch für Religionslehrer und Angestellte religiöser Gruppen auf. Wird der Gesetzesentwurf angenommen, darf ein Mensch mit ausländischem Hintergrund nur noch in Bulgarien praktizieren, wenn er dort oder an vom Staat gebilligten Institutionen studiert hat oder ausgebildet wurde.
Änderungen "gefährlich und unpassend"
"Der Änderungsentwurf lässt die Eigenarten der einzelnen Konfessionen völlig außer Acht", klagte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz Bulgariens, Christo Projkov, gegenüber der italienischen Agentur SIR. Für die katholische Kirche ist das Unterfangen der Politiker ein Skandal. Die vorgeschlagenen Änderungen seien nicht nur "gefährlich und unpassend", so Projkov, der griechisch-katholischer Apostolischer Exarch von Sofia ist, sondern auch "diskriminierend".
Fraglich könnte auch sein, inwiefern das Vorhaben der Regierungspolitiker überhaupt mit dem bulgarischen Grundgesetz oder europäischen Vorgaben vereinbar ist. Dazu argumentierte Vassil Antonov, Vize-Vorsitzende des parlamentarischen Komitees für Religiöse Angelegenheiten, in einem Interview mit der bulgarischen Presse, dass der Entwurf zumindest nicht gegen die verfassungsrechtlich garantierte Religionsfreiheit verstoße.
Im Gegenteil: "Mit den Gesetzesänderungen will man mehr Regulierung schaffen um dadurch zu gewährleisten, dass der Staat seiner Aufgabe der Bewahrung und Beobachtung der Menschenrechte und fundamentalen Freiheitsrechte der Bürger wahrnehmen kann."
Es geht um Kontrolle
Einzelne Politiker verfolgen schon seit Monaten eine Verschärfung des seit 2002 geltenden Religionsgesetzes. Regierungsangaben zufolge möchte man so der Ausbreitung eines radikalen Islamismus entgegentreten. Durch mehr Kontrolle über religiöses Leben in Bulgarien erhoffe sich der Staat "gegen die nationale Sicherheit gerichtete Eingriffe ausländischer Staaten, Institutionen und Personen" zu unterbinden.
Es geht dem Staat um Kontrolle: "Wir müssen die Realität erkennen, wir leben in Zeiten, in denen Glaube zu Fanatismus wird, der unschuldige Menschen tötet", warnte etwa Antonov. Das geltende Recht ist dem Politiker zu liberal. Bei ihm seien oft Anmeldungen für eine Abspaltung einer bereits registrierten religiösen Gruppe eingereicht worden. "In einem Fall führte das zu dem paradoxen Ergebnis, dass es in Bulgarien sieben baptistische Denominationen gibt, die alle auf dieselbe Adresse angemeldet sind."
Religion für und von Bulgaren
Ungeachtet der religiösen Orientierung sollen darum religiöse Aktivitäten grundsätzlich künftig nur noch von bulgarischen Staatsangehörigen ausgeführt werden, oder sich auf diese beziehen – lautet der Tenor des Entwurfs. Die Verfassung gebietet derweil eine Trennung von Staat und Religion; der Staat muss sich in allen religiösen Angelegenheiten neutral verhalten.
Namentlich erwähnt wird in der Verfassung nur das Orthodoxe Christentum als "traditionelle Religion" Bulgariens. Wer vom Staat als Religionsgemeinschaft anerkannt werden möchte, muss sich registrieren lassen. Künftig soll es nur Mitgliedern der beim Staat gemeldeten Gruppen gestattet sein, für religiöse Events zusammenzukommen, karitative oder humanitäre Institutionen zu gründen oder Publikationen zu religiösen Themen zu schreiben und zu verbreiten.
Bedrohung der nationalen Sicherheit?
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist den Politikern in dem Zusammenhang die Regulation von Geldern für Religionsgemeinschaften in Bulgarien – insbesondere wenn sie aus dem Ausland kommen. "Es sind meistens Spenden und private Finanzierungsmodelle zugunsten der religiösen Gruppen, die versuchen, politischen Einfluss im Land zu schaffen", bemängelte Ende letzten Jahres etwa Krasimir Karakachanov, Vorsitzender der IMRO (Bulgarische Nationale Bewegung) und Verteidigungsminister Bulgariens.
Zuvor hatte er sich bereits darüber beschwert, dass immer mehr Imame ins Land kommen und in fremden Sprachen predigen würden. Die "zuströmenden" Einflüsse fremder Religionen, ihrer Rituale und Eigenheiten seien den Bulgaren nicht nur wesensfremd, sondern stellen auch "einen widerlichen Eingriff in den nationalen Frieden und eine Bedrohung nationaler Sicherheit" dar.
Staatliche Subventionen erst ab 1-Prozent-Grenze
Aus dem Grund sieht der Gesetzesentwurf nun auch vor, dass beispielsweise jegliche Subventionen aus dem Ausland für alle Konfessionen verboten sind. Nur für Konfessionen, die mehr als ein Prozent der bulgarischen Bevölkerung umfassen, sei eine staatliche Zuwendung in Höhe von etwa fünf Euro pro Person vorgesehen, berichtet Bischof Projkov. Faktisch begünstigt das aber nur die islamische Religionsgemeinschaft und die bulgarisch-orthodoxe Kirche. Die Katholiken machen gerade 0,66 Prozent der Bevölkerung aus.
Etwaige Ausnahmen müssten vom Kultusamt genehmigt werden. Spenden ab umgerechnet 215 Euro (das entspricht in etwa dem aktuellen Mindestlohn in Bulgarien) müssten zudem binnen 14 Tage nach Erhalt beim Amt gemeldet werden. Ansonsten droht ein Bußgeld in Höhe von zunächst gut 3.000 Euro, ab dem zweiten Verstoß sogar mehr als 10.000 Euro. Ferner verlangt der Gesetzesentwurf, dass die Religionsgruppen detaillierte Angaben zu Eigentum, materiellen Zuwendungen und sonstigen Spendenmaßnahmen machen.
Durch solche Regelung könne schließlich mehr Transparenz gewährleistet werden, wenn es um die Finanzierung religiös motivierter Aktivitäten gehe, argumentiert einer der Politiker, die den Vorschlag eingereicht haben, Georgi Kadiev, von der sozialdemokratisch bis kommunistischen BSP, der zweitstärksten Kraft im Land.
Religionen in Bulgarien
Etwa zwei Drittel der Menschen in Bulgarien gehören der bulgarisch-orthodoxen Kirche an; das sind etwa 4,4 Millionen Gläubige. Ungefähr 600.000 Muslime leben in Bulgarien, gut 65.000 Protestanten und weniger als 50.000 Katholiken. Es gibt zudem etwa 5.000 Juden und 6.000 Anhänger anderer Glaubensrichtungen.