NRW und Bayern verstärken Kampf gegen Antisemitismus

Länder werden aktiv

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will stärker gegen Antisemitismus vorgehen und nimmt dabei auch die Schulen in den Blick. Bayern will antisemitische Hetze, die vom Ausland aus im Internet verbreitet wird, unter Strafe stellen.

Spruch gegen Antisemitismus / © Arne Dedert (dpa)
Spruch gegen Antisemitismus / © Arne Dedert ( dpa )

"In jedem Fall muss die Bekämpfung antijüdischer Polemik und Gewalt überall verankert werden", sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem Evangelischen Pressedienst (epd) angesichts der gestiegenen Zahl antisemitischer Übergriffe in Deutschland. Unter anderem solle künftig in regelmäßigen Besprechungen mit Schulleitern erörtert werden, wie auf antisemitisches Mobbing in Schulen reagiert werden könne.

Die aktuelle öffentliche Debatte über Antisemitismus in Deutschland nannte Laschet hilfreich. Sie mache deutlich, dass es eine erhöhte Sensibilität gebe. "Aber wenn man Angriffe auf Synagogen verurteilt, muss man sich auch gegen Übergriffe auf Moscheegemeinden wenden", mahnte der stellvertretende CDU-Vorsitzende.

Laschet: "Antisemitismus war immer da" 

Die These, der Antisemitismus sei mit Flüchtlingen und Migranten aus islamischen Ländern eingewandert, kritisierte Laschet als vorgeschoben. Synagogen würden nicht erst seit 2015 polizeilich geschützt. Antisemitismus "war immer da und ist auch siebzig Jahre nach dem Holocaust in Deutschland latent vorhanden", betonte der NRW-Regierungschef. "Die meisten antisemitischen Übergriffe gehen auf das Konto rechter Kräfte. Sie sind nicht akzeptabel."

Mit der Migration sei aber auch Antisemitismus in anderer Form hinzugekommen, räumte Laschet ein. Er sei "geprägt durch Gesellschaften, die mit Israel im Konflikt stehen und in denen Antisemitismus weit verbreitet ist".

Bayern: Strafbarkeitslücken schleunigst schließen 

Bayern will antisemitische Hetze, die vom Ausland aus im Internet verbreitet wird, unter Strafe stellen. Der Zunahme antisemitisch motivierter Straftaten dürfe nicht tatenlos zugesehen werden, sagte der Landesjustizminister Winfried Bausback (CSU) der "Welt am Sonntag". "Die Strafverfolgungsbehörden brauchen aber auch die passenden Gesetze, um diese abscheulichen Straftaten effektiv verfolgen zu können." Der Minister sieht beim Straftatbestand der Volksverhetzung - Paragraf 130 Strafgesetzbuch - und beim Verbreiten von Propagandamitteln mit antisemitischem Inhalt "im geltenden Recht gefährliche Strafbarkeitslücken, die der Bund schleunigst schließen muss".

Bausback kündigte an, bei der Justizministerkonferenz im Juni auf der Wartburg in Thüringen einen Gesetzesvorschlag zu machen, der auf vom Ausland gesteuerte antisemitische oder volksverhetzende Propaganda im Internet zielt. Bislang seien hier den Staatsanwaltschaften die Hände gebunden. "Bei der Volksverhetzung über das Internet haben wir das Problem, dass die Täter ganz bewusst ins Ausland gehen und ihre vergifteten Parolen von dort nach Deutschland schicken, um sich der Strafverfolgung bei uns zu entziehen. Diese Strafbarkeitslücke wollen wir jetzt schließen", sagte Bausback.

Inlandsbezug erforderlich

Zur Verfolgung von Taten im Ausland sei ein gewisser Inlandsbezug erforderlich. Es gebe aber schon nach geltendem Recht eine ganze Reihe von Straftaten die als sogenannte Auslandstaten verfolgt werden können. Um dies bei Volksverhetzung anwenden zu können, so Bausback, müsse der Straftatbestand geeignet sein, den öffentlichen Frieden im Inland zu stören. Zudem müsse der Täter seinen Lebensmittelpunkt im Inland habe.

Der Minister zeigte sich "vorsichtig optimistisch", dass sein Vorschlag bei den Justizminister-Kollegen der anderen Länder Zustimmung bekommt, "denn gerade im Bereich der Volksverhetzung und des Antisemitismus haben wir ein hohes Problembewusstsein."

Die bayerische Staatsregierung berief in der vergangenen Woche einen "Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus". Die CSU gründete ein "Jüdisches Forum" in der Partei.

95 Prozent politisch rechts motiviert

In Bayern ging 2017 zwar die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer beziehungsweise fremdenfeindlicher Straftaten gegenüber dem Vorjahr um fast 16 Prozent zurück. "Gleichzeitig mussten im Jahr 2017 unsere bayerischen Staatsanwaltschaften aber etwas über 50 Prozent mehr neue Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Bestrebungen einleiten als 2016", sagte Bausback. Die Zahl der Verfahren stieg von 124 in 2016 auf 183 Verfahren im vergangenen Jahr.

Laut Bundesinnenministerium stieg die Zahl antisemitischer Straftaten im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent gegenüber 2016. Fast 95 Prozent dieser Straftaten waren politisch rechts motiviert. Auf niedrigem Niveau nahm auch die Zahl sogenannter importierter antisemitischer Straftaten zu, etwa von Migranten aus islamischen Ländern.


Quelle:
epd , KNA