Deutschlands Krankenhäuser sind ziemlich gesund. Weniger Kliniken als in den Vorjahren schreiben rote Zahlen, die Häuser verdienen mehr. Allerdings zeichnen sich Probleme für die Zukunft ab: eine große Lücke bei den Investitionen und ein gravierender Personalmangel bei steigenden Patientenzahlen.
Mehrheit der Kliniken im "grünen Bereich"
So jedenfalls lautet die Diagnose des Krankenhaus-Rating-Reports, den Wirtschafts- und Gesundheitsexperten am Donnerstag beim "Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit" vorstellten. Erarbeitet wurde der Report von einem Team des Essener RWI-Gesundheitsökonomen Boris Augurzky.
Nach Angaben der Gesundheitsexperten befanden sich im Untersuchungszeitraum 2016 nur sieben Prozent der rund 1.950 Krankenhäuser im Bereich erhöhter Insolvenzgefahr, 84 Prozent lagen im "grünen Bereich". Im Jahr zuvor wurden noch neun Prozent im "roten Bereich" eingestuft und 79 Prozent im "grünen Bereich". Nur 13 Prozent der Krankenhäuser schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust.
In Zukunft wird es mehr Patienten geben
In den ostdeutschen Bundesländern war die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser auch 2016 wieder am besten. Am schwierigsten war sie in Niedersachsen/Bremen, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Probleme sieht der Report bei der Kapitalausstattung der Kliniken. Ihr jährlicher Investitionsbedarf (ohne Unikliniken) wird auf rund 5,8 Milliarden Euro beziffert.
Dem stehen Fördermittel der Bundesländer in Höhe von 2,8 Milliarden gegenüber. Krankenhausvertreter beklagen schon seit Jahren, dass die Bundesländer ihren Verpflichtungen bei der Investitionsförderung nicht nachkommen.
Große Probleme prognostizieren die Experten beim Personal. Dabei sind Kliniken in doppelter Hinsicht vom demografischen Wandel betroffen: Sie müssen in der alternden Gesellschaft mit mehr Patienten rechnen und sind gleichzeitig mit einem Rückgang des Arbeitskräftepotenzials konfrontiert.
Attraktivere Arbeitsbedingungen notwendig
Der Fachkräftemangel könnte die Versorgung der Patienten erheblich beeinträchtigen, warnt der Report. Soll der Status Quo gehalten werden, fehlten bis 2025 in den medizinischen Diensten der Krankenhäuser rund 80.000 Vollkräfte. Weitere etwa 80.000 Pflegefachkräfte würden in der Altenpflege benötigt.
"Schon heute hören wir aus vielen Kliniken, dass sie bestimmte Fachabteilungen nicht in dem gewünschten Maße aufbauen können, weil die Stellen nicht besetzt werden können", sagt Studienmitautor Sebastian Krolop. Notwendig seien attraktivere Arbeitsbedingungen; zu erwarten sei aber angesichts der Konkurrenz um Arbeitskräfte ein Anstieg von Löhnen.
"Digitalisierungsgrad deutscher Krankenhäuser ist bescheiden"
Vor diesem Hintergrund würden "arbeitssparende technische Innovationen immer wichtiger, um Ärzte und Pflegekräfte zu entlasten", betonte Augurzky. Darunter fielen Innovationen wie Digitalisierung, Telemedizin, Künstliche Intelligenz und der Einsatz von Robotern. "Der derzeitige Digitalisierungsgrad deutscher Krankenhäuser ist dabei noch äußerst bescheiden", so der Gesundheitsökonom.
Erneut kritisieren die Autoren die Krankenhausstrukturen in Deutschland. Das Land hat im internationalen Vergleich eine dichte Kliniklandschaft: Es gebe in manchen Regionen eine hohe Standortdichte, viele kleine Einheiten und eine geringe Spezialisierung, analysiert Krolop. Allerdings zeigt sich inzwischen eine positive Dynamik, unter anderem entfacht durch den Strukturfonds, der Gelder zur Verfügung stellt, um Krankenhäuser in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen umzuwandeln.
"Wir haben nicht genügend Personal"
Für eine Zentralisierung und Spezialisierung hatte im Frühjahr auch die Krankenkasse AOK plädiert. Kassen-Chef Martin Litsch sprach sich dafür aus, dass "zukünftig Kliniken mit mehr als 500 Betten nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel bilden".
Nach seinen Aussagen verfügen derzeit 80 Prozent der rund 2.000 Kliniken in Deutschland über weniger als 500 Betten. Das hat laut AOK Folgen für die Behandlungsqualität, die Kosten und die Personalausstattung. "Wir haben nicht genügend Personal, um alle heute existierenden Klinikstandorte so auszustatten, dass sinnvolle Personalanhaltszahlen oder Personaluntergrenzen gut umgesetzt werden können", so Litsch. Eine Zentralisierung hätte für die allermeisten Patienten und ihre Angehörigen nur geringfügig längere Fahrten zur Folge.
Christoph Arens