DOMRADIO.DE: Wenn man alleine oder zu zweit im Kölner Dom unterwegs ist, dann muss man nicht auf eine Führung verzichten. Man lädt sich auf sein Smartphone die Kölner Dom-App herunter und kann sich dann selber eine Audioführung organisieren. Und zwar nicht mit irgendeinem Begleiter, sondern mit Ihnen, dem Dompropst selber. Ich habe einen Selbstversuch gestartet, die neue App heruntergeladen und auf den Geistlichen Rundgang geklickt. Dann stand ich vor einem Problem, denn ohne Kopfhörer funktioniert die App anscheinend nicht, oder?
Gerd Bachner (Kölner Dompropst): Ein Kopfhörer gehört einfach dazu. Wir brauchen Headsets ja auch bei den ganzen Führungen. Und es ist uns wichtig, dass der Dom von der Lautstärke her kein Rummelplatz wird. Deswegen wäre es ja kontraproduktiv, wenn man die App über den normalen Lautsprecher aktivieren könnte.
Aber wenn man sich das Stadtbild anschaut oder mit der U-Bahn fährt, dann sieht man zumindest viele junge Menschen, die ihren eigenen Kopfhörer haben. Das gehört zum Set eigentlich dazu. Aber für die Menschen, die keinen Kopfhörer haben, bieten wir von den Domschweizern am Eingang kostenfrei einen kleinen Kopfhörer an. Es gibt verschiedene Größen und wir haben daraus die Standardgröße von 3,5 Millimeter Klinke gewählt.
DOMRADIO.DE: Es ist ein etwas anderer Audioguide, den Sie besprochen haben. Also kein Abklappern der offensichtlichen Attraktionen, oder?
Bachner: Bisher habe ich in den drei Jahren, in denen ich Dompropst bin, ziemlich viel im Pflichtbereich gemacht. Wenn ich an die Sicherheit denke, die Umgestaltung der "Historischen Mitte" und viele andere Themen, die wir am Dom hatten und die uns bewegt haben, dann ist das Kreative ein bisschen in den Hintergrund gerückt. Der Rundgang gehört für mich in den Kürbereich, weil es mir ein Herzensanliegen ist. Damals, als ich Dompropst wurde, habe ich gesagt, dass ich Domrundgänge mit QR-Code anbieten wollte. Das fand Anklang und hat da ein Echo gefunden. Aber heute ist die Technik schon viel weiter. Deswegen arbeiten wir technisch mit den sogenannten "Beacons". Das ist eine neue Technik. Mein Anliegen ist es, in dem ganzen Trubel und Gewusel des Domes, einen Kurzurlaub für die Seele anzubieten.
DOMRADIO.DE: Sie rattern keinen Text herunter, sondern bringen den Hörer zur Ruhe. Sie setzen bewusst auch Pausen ein, damit man runterkommt.
Bachner: Ja, das ist ein Ziel. Ich setze mich insofern ein, als dass ich ein Zeugnis geben möchte. Das ist nicht irgendeine Weltweisheit, sondern das ist ein ganz persönliches Stückchen von dem, was mir bestimmte Orte im Dom für meinen Glauben, aber auch für mein Leben sagen. Und darauf kommt es mir an. Mir kommt es nicht darauf an, eine kunsthistorische Führung zu geben. Dafür gibt es andere Fachleute.
Ich möchte vielmehr denjenigen, die am Gero-Kreuz oder am Schrein oder an anderen Punkten interessiert sind, mit auf den Weg geben, was das denn für mein Leben und meinen Glauben und für mich selbst sagt. Vielleicht sind da diese geistliche Impulse für die Menschen ein Anstoß. Ich würde es hoffen und mir wünschen.
DOMRADIO.DE: Sie haben es technisch erklärt. Es funktioniert mit "Beacons", das heißt, je nachdem wo man sich gerade im Dom befindet, sprechen Sie einem entsprechend des Ortes, an dem man sich gerade befindet, automatisch ins Ohr. Eine App gab es ja schon vorher, aber die ist jetzt modernisiert und mit Raffinesse programmiert worden. Warum so ein "moderner Schnickschnack"?
Bachner: Pia Modenesa ist dazu die qualifizierte Fachfrau im Erzbistum Köln, die engagiert das Ganze konzipiert hat und mir zur Seite steht. Sie sagte mir aber, wir seien damit noch nicht fertig, so wie der Dom nie vollendet ist, sondern immer weiter an ihm gearbeitet wird. Das ist jetzt auch nicht die letzte Fassung. Aber wenn man stehenbleibt, wenn man nicht aktualisiert, dann erreicht man die Menschen nicht mehr. Und unser Ziel ist es, die Menschen mit der Botschaft des Glaubens, mit der Botschaft des Domes zu erreichen. Deswegen haben wir die App aktualisiert.
Mich persönlich freut zum einen, dass heute die Freischaltung für den Geistlichen Rundgang gelungen ist, aber auch die technischen Raffinessen dabei sind. Ich kann beispielsweise im Dom eine Kerze anzünden. Ich zünde sie an, mache ein Foto, das ich über die App teile, bekomme einen Sticker und kann das nach dem Thema "Ich hab im Dom für dich gebetet" weiter verbreiten. Das ist nur eine Möglichkeit. Das "Kerze anzünden", was im Dom eigentlich sehr intim geschieht, kann ich Menschen, die mir wichtig sind, weiterleiten und mit ihnen teilen.
Das Interview führte Tobias Fricke.