Neuer Präsident des Malteser Hilfsdienstes über das Ehrenamt

"Wir können nicht alles dem Staat überlassen"

Nach 26 Jahren hat der Malteser Hilfsdienst einen neuen Präsidenten. Warum Unternehmer Georg Khevenhüller dieses Amt übernimmt und warum Ehrenamt wichtig ist, darüber spricht er im Interview.

Der Unternehmer Georg Khevenhüller ist neuer ehrenamtlicher Präsident des Malteser Hilfsdienstes (l.), damit Nachfolger von Dr. Constantin von Brandenstein (r.) / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Unternehmer Georg Khevenhüller ist neuer ehrenamtlicher Präsident des Malteser Hilfsdienstes (l.), damit Nachfolger von Dr. Constantin von Brandenstein (r.) / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie kommen gerade aus dem katholischen Gottesdienst zur Malteser Bundesversammlung mit dem Kölner Kardinal Woelki, der alle Malteser auch Sie in Ihrem neuen Amt gesegnet hat und gesagt hat Malteser-Dienst ist Christus Dienst. Was bedeutet Ihnen das?

Georg Khevenhüller (Unternehmer und neuer ehrenamtlicher Präsident des Malteser Hilfsdienstes): Wenn es uns gelingt, durch unseren Dienst am Nächsten und an Bedürftigen, das Antlitz Jesus zu sehen und ihm unsere Liebe, unsere Aufmerksamkeit unsere Zuwendung zu schenken, dann ist das ein Christus-Dienst. So würde ich das interpretieren. Das entspricht auch unserer Mission und unserem Auftrag: Tuitio fidei et obsequium pauperum. Also: Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Bedürftigen.

DOMRADIO.DE: Sie sind ein kosmopolitischer Mensch; in der ganzen Welt unterwegs; die katholische Kirche ist ja auch ein Global Player, ebenso wie die Malteser es sind. Sie selbst haben einen Bauernhof in Uruguay, in Argentinien. Das heißt, die Welt ist auch für Sie durchaus eine globale Welt. Jetzt wage ich mal den Sprung: nationaler Eigensinn und Alleingänge. Die helfen da nicht viel. Wir müssen zusammenhalten, oder?

Khevenhüller: Für unseren Dienst am Nächsten hat das keine wesentliche Bedeutung. Unser Dienst gilt dort, wo Menschen in Not sind, wo Bedürftige sind, wo Menschen alleingelassen sind, wo Kinder ohne Versorgung dastehen.

Das ist ein Thema, das sowieso global ist und keine Grenzen kennt. Das macht leider nirgendwo Halt. Selbst bei uns hier in Deutschland, in einem reichen Land, nicht. Auch hier gibt es Not und sowieso in vielen Ländern rund um uns herum, die vielleicht nicht diesen Wohlstand haben, den wir haben. Dort noch viel mehr. Da spielt eine politische Grenze, glaube ich, in unserem Sinne keine Rolle.

DOMRADIO.DE: Flüchtlingshilfe Sie haben es gesagt, das ist ein großes Thema - natürlich auch für die Malteser. Da tun Sie viel auch in Bezug auf Integration, da gibt es die sogenannten Integrationslotsen zum Beispiel. Da niemand jedoch ihren Beitrag, oder?

Khevenhüller: Die Idee der Integrationslotsen ist eigentlich sogar eine Idee des Malteser Hilfsdienstes, die uns gelungen ist bei der Bundesregierung beziehungsweise bei den zuständigen Behörden zu platzieren. Hier versuchen wir den Menschen, die hierhergekommen sind, und die keine Orientierung haben, eine Hilfestellung zu geben, damit sie sich zurechtfinden. Aber es sind nicht nur die Integrationslotsen.

Wir haben viele Menschen in Not in den Flüchtlingsbewegungen gleich von Anfang an mit übernommen, mitversorgt, mitbetreut, damit sie überhaupt irgendwo hinkommen. Heute, wo der große Strom vorbei ist, ist das Thema Integrationslotsen an oberster Stelle. Und da sind wir froh, dass wir einen Beitrag leisten können.

DOMRADIO.DE: Nun ist das Fundament der Malteser das Ehrenamt. Sie haben gesagt freiwilliges Ehrenamt kann manchmal sogar mehr bewirken als bezahlte Dienstleistungen. Wie haben Sie das gemeint?

Khevenhüller: Das ist aus unserem Selbstverständnis zu sehen. Unsere Hilfe ist für uns eine Motivation aus unserem christlichen Hintergrund heraus - also auch mit sehr viel Liebe verbunden und mit persönlicher Zuwendung.

Es ist ein Unterschied, ob ich einen Kranken vielleicht versorge oder ob ich ihm auch wirklich die Hand halte, mit ihm vielleicht ein Gebet spreche, ihn zärtlich streichle, wenn es notwendig ist, in seinem Schmerz in seiner Not. Und dieser Beitrag, den kann ich nicht mit Geld bezahlen. Wenn einer freiwillig diesen Dienst tut, dann tut er ihn ja, weil es ihm ein Herzensanliegen ist. Deshalb ist vielleicht das ehrenamtliche Engagement so hoch zu bewerten. Ich will damit auf keinen Fall ein hauptamtliches oder ein berufliches bezahltes Engagement schlechter reden. Aber es ist was anderes.

DOMRADIO.DE: Damit einher geht aber auch eine Forderung an die Politik, die bessere Bedingungen für Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen, schaffen muss. Was kann Politik da tun.

Khevenhüller: Auf der einen Seite genügt es vielleicht schon einen Dank auszusprechen. Das hilft uns schon. Es ist immer schön, wenn anerkannt wird, welchen Dienst wir leisten. Auf der anderen Seite gibt es natürlich eine Vielzahl von Punkten, wo die Politik durchaus noch Raum für Potenzial hat, zum Beispiel bei steuerlichen Fragen oder Fragen, die das Arbeitsrecht vorsieht. Es gibt also viele Bereiche, wo die Politik durchaus noch Chancen hat, ehrenamtliches Engagement in unserer Gesellschaft besser zu positionieren.

Und das ist ein Anliegen, wo ich gerne versuchen möchte mit Politikern ins Gespräch zu kommen. Denn unsere Gesellschaft braucht ehrenamtliches Engagement. Wir können nicht sämtliche Leistungen bezahlt erbringen. Wir können nicht alles dem Staat überlassen. Wir müssen schon auch selber für uns Verantwortung übernehmen und unseren Beitrag leisten. Das soll nur anerkannt werden und es soll nur sein seine Position, seinen Standort haben, innerhalb unseres Lebens in der Gesellschaft.

Das Interview führte Johannes Schröer.


Quelle:
DR
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