Burkinis im Schwimmunterricht sorgen für erhitzte Debatte

Gegenwind für Familien-Ministerin

Dürfen muslimische Mädchen Burkinis im Schwimmunterricht tragen? Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat nichts dagegen einzuwenden, sagte sie am Sonntag. Das sehen Psychologen und Frauenrechtler teils ganz anders.

Burkini-Trägerin / © Stephanie Pilick (dpa)
Burkini-Trägerin / © Stephanie Pilick ( dpa )

In der Debatte um Burkinis im Schwimmunterricht schlagen die Wellen hoch. Frauenrechtlerin Seyran Ates erklärte am Montag, Burkinis seien im Schwimmunterricht nicht "vertretbar", wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zuvor gesagt hatte. "Der große Rest der aufgeklärten Welt sehnt den Augenblick herbei, an dem diese Meinung nichts mehr in der Nähe eines Politikprozesses verloren hat", schreibt die muslimische Juristin auf Facebook.

Giffey hatte am Sonntag gesagt, es sei notfalls vertretbar, wenn Schulen die Teilnahme am Schwimmunterricht förderten, indem sie Burkinis zuließen. Diese Badebekleidung für muslimische Mädchen und Frauen, die bis auf Gesicht, Hände und Füße den gesamten Körper bedeckt, sei zwar nicht optimal, aber manchmal brauche es auch pragmatische Wege, sagte die Ministerin bei einer Veranstaltung der "Zeit" in Hamburg: "Das wichtigste ist ja das Wohl der Kinder, und das heißt nun mal, dass alle Schwimmen lernen." Wichtig sei ihr auch, dass der Bildungsauftrag im Vordergrund stehe und das Thema "nicht hochstilisiert wird zum Untergang des Abendlandes".

Stein des Anstoßes ist Anschaffung von 20 Burkinis durch ein Herner Gymnasium

Der Psychologe Ahmad Mansour widersprach Giffey. "Was an dieser Herner Schule passiert, ist ein Aufgeben gegenüber patriarchalischen Familienstrukturen und konservativen religiösen Vorstellungen", schreibt er auf Facebook. "Die Schule akzeptiert damit die Tabuisierung der Sexualität, und das dürfen wir nicht tolerieren. Außerdem werden andere Mädchen, die keinen Burkini tragen, unter Druck gesetzt." Kinder müssten ohne "Symbole der Unterdrückung" schwimmen lernen - "und zwar nach den Regeln der Schule, nicht nach Regeln einer Religion". Stein des Anstoßes ist Anschaffung von 20 Burkinis durch ein Herner Gymnasium. Dies hatten sowohl die NRW-Landesregierung als auch die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzenden Julia Klöckner kritisiert.

Die Schule wollte nach eigenem Bekunden dafür sorgen, dass muslimische Schülerinnen keine Ausrede mehr haben, dem Schwimmunterricht fernzubleiben.

Klöckner hatte daraufhin erklärt, die Schule zementiere damit "ein frauendiskriminierendes Rollenverständnis an einem Ort, an dem Kinder und Jugendliche gerade das Gegenteil lernen und sich frei entfalten sollten". Gerade in Schulen müssten Mädchen und Jungen "in einem gesunden Geschlechterbild und dem Gefühl der Gleichwertigkeit bestärkt werden".

Laut "Spiegel online" waren die Burkinis aber schon 2016 gekauft worden, als Teil eines Hilfeangebots für Schüler, die ansonsten Schwierigkeiten hätten, am Sportunterricht sowie auch am gesamten Schulleben inklusive der Klassenfahrten teilzunehmen. Das Geld stamme von Spenden oder aus Privatinitiativen. Fördermittel seien für den Kauf der Burkinis nicht verwendet worden.

Mazyek kritisiert "Pseudodebatten" der Islamkritiker

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Dienstag, der von der Schule beschrittene Weg sei ein "vernünftiger und gangbarer Kompromiss". Doch immer wenn solch vernünftige Kompromisse gefunden würden, wie Menschen religiöse Gebote und Schulpflicht unter einen Hut bringen könnten, "heulen die Islamkritiker reflexartig wieder auf", beklagte er. "Solche Burkini-Pseudodebatten, die nebenbei die Rechten weiter stärken, lenken wieder von den eigentlichen Problemen ab."

Mazyek sagte, er habe von den Kritikern noch nie ein Wort über die eigentliche Probleme in Deutschland bezüglich des Schwimmunterricht gehört und das seien: "Marode und geschlossene Schwimmhallen, fehlende Bademeister und eine Generation von Schülern, die nicht wie ich bis zur Oberstufe jedes Jahr Schwimmen hatte, sondern weitaus weniger und infolgedessen tatsächlich nicht richtig oder sogar gar nicht schwimmen kann. Das ist der eigentliche Skandal."


Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) / © Gregor Fischer (dpa)
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) / © Gregor Fischer ( dpa )
Quelle:
KNA , epd