Kirche zur Debatte um Badebekleidung muslimischer Schülerinnen

Bikini, Badeanzug, Burkini? Hauptsache Schwimmen!

Für die einen ist es eine pragmatische Lösung, für die anderen einmal mehr der Untergang des christlichen Abendlandes. Wie steht die katholische Kirche zu burkinitragenden muslimischen Schülerinnen im Schwimmunterricht?

Burkini-Trägerinnen / © Rolf Haid (dpa)
Burkini-Trägerinnen / © Rolf Haid ( dpa )

DOMRADIO.DE: Schaila, Hijab. Al-Amira, Chimar, Tschador, Nikab, Burka und Burkini. Es ist verwirrend, oder?

Prof. Dr. Thomas Lemmen (Referat für Interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln): Die für viele Musliminnen wichtige Grundaussage lautet: Aus religiösen Gründen fühlen wir uns verpflichtet, eine Kopfbedeckung zu tragen, unser Haupt zu bedecken. Wie das dann gemacht wird, hängt oftmals von der Herkunft ab. Das geht vom einfachen Kopftuch bis zur vollständigen Verschleierung. Es sieht unterschiedlich aus, je nach Herkunft. Es hat immer den Zweck, dem Gebot der Verhüllung angemessen zu entsprechen. Und der Burkini soll das auch im Schwimmbad ermöglichen.

DOMRADIO.DE: Da gibt es ja auch noch die ganz altmodische Badekappe.

Lemmen: Der Burkini ist ein Badeanzug, ein Zweiteiler, der auch aus eigens dafür vorgesehenem Material hergestellt wird. Er ist also für das Schwimmbad tauglich und geeignet. Er soll dazu dienen, muslimischen Mädchen oder Frauen die Teilnahme am Schwimmunterricht zu ermöglichen, weil er eben nicht körperbetont ist, sondern gleichsam verhüllend wirkt.

DOMRADIO.DE: Was sagt die Kirche denn dazu?

Lemmen: Die Position der Kirche ist, für die Geltung der Religionsfreiheit einzutreten. Religionsfreiheit kann heißen, religiös zu praktizieren, kann aber auch heißen, eben nicht zu praktizieren. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass dieses Grundrecht in der deutschen Öffentlichkeit erhalten bleibt. So oder so.

DOMRADIO.DE: Das heißt, damit die Kinder teilnehmen können, sind Burkinis in Ordnung?

Lemmen: Wenn damit die Teilnahme am Schwimmunterricht ermöglicht wird, ist es meines Erachtens egal, ob ein Mädchen einen Bikini, einen Badeanzug oder ein Burkini trägt. Wenn es den Eltern oder den Kindern die Sache einfacher macht, dann finde ich das eine pragmatische und sinnvolle Lösung.

DOMRADIO.DE: Sie sind auch im regen Austausch mit muslimischen Verbänden. Wie ist denn da die Einstellung zu diesem Thema?

Lemmen: Da ist die muslimische Welt unterschiedlicher Meinung. Die, die ein Kopftuch tragen, haben Schwierigkeiten, ins Schwimmbad zu gehen. Für die ermöglicht das der Burkini. Da gibt es mittlerweile auch einen ganzen islamischen Markt. Das ist auch ein Modeartikel geworden. Der Burkini sollte muslimischen Schülerinnen die Teilnahme am Schwimmunterricht ermöglichen. Es gibt allerdings auch Musliminnen, denen das nicht ausreicht und die einen nach Geschlechtern getrennten Schwimmunterricht fordern.

DOMRADIO.DE: Das ist aber im Schwimmunterricht nicht gegeben.

Lemmen: Ja, das wäre nur möglich, wenn der Schwimmunterricht grundsätzlich nach Geschlechtern getrennt durchgeführt wird. Das ist ja auch ein Streitpunkt, ob Kinder denn am koedukativen Sportunterricht teilnehmen dürfen. Die deutschen Gerichte betonen im Moment die Bedeutung der Teilnahme als Bildungsziel und Integrationsziel. Ein europäisches Urteil steht dazu noch aus. Es ist immer schon ein Streitfall gewesen.

DOMRADIO.DE: Zumal der Schwimmunterricht oft in öffentlichen Bädern stattfindet. Selbst wenn da die Jungs und Mädchen getrennt sind, gibt es da auch andere Badegäste. Wie beurteilen Sie denn die Aussage der Familienministerin, wenn sie sagt: Besser mit Burkini schwimmen lernen als gar nicht?

Lemmen: Dem würde ich zustimmen. Aber es ist nicht Aufgabe der Schulen, die Burkinis anzuschaffen. Der Ermessensspielraum der Schule liegt darin, die Teilnahme mit Burkini zu ermöglichen. Aber die Anschaffung ist eine Aufgabe der Eltern. Die Kinder sollten selber die Burkinis aussuchen, die ihnen passen und nicht die von der Schule vorgegebenen tragen müssen.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR