Aachens Altbischof Mussinghoff feiert 50. Priesterjubiläum

"Ich würde mich immer wieder fürs Priestertum entscheiden"

Der emeritierte Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff feiert sein 50. Priesterjubiläum. Im Interview blickt er auf die Zeit als aktiver Priester zurück und stellt fest: "Das Priestertum ist ein guter Weg zu einem guten Leben."

Altbischof Heinrich Mussinghoff / © Harald Oppitz (KNA)
Altbischof Heinrich Mussinghoff / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Herr Bischof, Sie hatten am Freitag ihr 50-jähriges Priesterjubiläum. Wie haben Sie diesen besonderen Tag begangen?

Dr. Heinrich Mussinghoff (emeritierter Bischof im Bistum Aachen): Eigentlich noch gar nicht, denn die offizielle Feier wird erst am Sonntag sein. Es waren Besucher da und es kommen sicherlich noch einige, die mal eben gratulieren wollten, weil sie am Sonntag nicht dabei sein können.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie an den Tag Ihrer Weihe zurückdenken, was kommt Ihnen da in den Sinn?

Mussinghoff: Wir waren ein Kurs, der 1962 mit 72 Kandidaten angefangen hat, davon sind 34 geweiht worden, in zwei Partien. Eine große Zahl, die heute Erstaunen auslöst! Ich gehörte zur ersten Gruppe und wurde mit 21 anderen Priesteramtskandidaten geweiht, die anderen ein halbes Jahr später. Wir haben bei berühmten Professoren studiert. Joseph Ratzinger hat uns die Texte aus dem Konzil mitgebracht und seine Interpretationen vorgetragen. Kardinal Kasper war damals ein junger Professor, nur wenig jünger als wir. Der Tag der Weihe war natürlich ein ergreifender, ein schöner und wichtiger Tag. Für die Menschen, die mit uns verbunden waren, und die Menschen aus unseren Gemeinden war der Höhepunkt die Primiz.

DOMRADIO.DE: 50 Jahre sind Sie Priester im Dienst der Kirche. Was waren die Höhepunkte in dieser Zeit?

Mussinghoff: Ich war zweieinhalb Jahre in einer Gemeinde im Ruhrgebiet. Dort gab es einen anderen Dialekt und eine andere Ausstrahlung als im tiefen Münsterland, aus dem ich kam. Dann bin ich zum Sekretär des damaligen Bischofs von Münster, Heinrich Tenhumberg, berufen worden. Eine spannende Zeit, in der ich viel von der Kirche des Bistums und auch von der Weltkirche kennenlernte. Ich hatte meine Promotion über das Preußen-Konkordat geschrieben. Deshalb wurde ich wohl später an den Verhandlungen zum Konkordat und der Errichtung von Bistümern im Osten beteiligt. Auch diese Zeit war sehr spannend für mich. Ich habe im Kirchenrecht gearbeitet, war Offizial des Bistums Münster und Dozent an der Universität Gregoriana in Rom, wo ich über praktische Rechtssprechung in der Kirche lehrte. Dadurch trat Weltkirche tiefer in den Blick.

Dann kam diese etwas überraschende Berufung zum Bischof von Aachen. Das ist natürlich noch mal eine ganz neue Welt gewesen – mit dem großartigen Vorgänger Bischof Hemmerle, der die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Pfarreien vorbereitete. Das war ein interessanter, aber auch schwieriger Prozess, der zur Zusammenlegung von Gemeinden führte. Wir dezentralisierten, um Schwerpunkte zu bilden. Daraus sind die Jugendkirchen entstanden, die gerade im Aufbau waren und viele andere Aktionen wie die Teams für die Kolumbarien (Anm. d. Red.: Urnenhallen). Es war mir wichtig, dass Laien ständig zur Verfügung stehen, um den Menschen bei Begräbnissen beizustehen, mit ihnen die Toten zu besuchen und sie in ihrem Schmerz des Verlusts und in ihrer Frage nach dem ewigen Leben und der Auferstehung zu begleiten. Ich denke da also an verschiedene Dinge im sozialen und missionarischen Bereich.

DOMRADIO.DE: Anfang der Woche haben Sie sich mit 18 ehemaligen Bischofskollegen in Fulda getroffen. Über was haben Sie sich in den zwei Tagen ausgetauscht?

Mussinghoff: Das war zunächst mal eine lockere Zusammenkunft, keine Konferenz oder so. Wir haben uns darüber ausgetauscht wie der Übergang von einer aktiven in eine ruhende Tätigkeit geht. Alle haben sich ihre Aufgaben und ihren Zuschnitt gesucht und alle helfen mit, soweit sie noch können. Es war einfach eine brüderliche Begegnung und wir hatten viel Freude dabei.

DOMRADIO.DE: Für was nehmen Sie sich als emeritierter Bischof mehr Zeit?

Mussinghoff: Zunächst ist es so, dass ich nicht alles tun muss, was ein Bischof im aktiven Dienst tut, sondern ich habe auch die Möglichkeit mal nein zu sagen und mir das auszusuchen, was mir liegt. Das Bistum Aachen steht in enger Verbindung mit den Bistümern Kolumbiens und verfolgt die Friedensverhandlungen mit den Guerilla-Bewegungen Farc und ELN, die sehr schwierig sind. Auch ich habe diesen Prozess in den vergangenen zwei Jahrzehnten verfolgt und mich auch in der Bischofskonferenz ausgetauscht. Ich wünsche den Kolumbianern, dass es zu Versöhnung und einem Neuanfang kommt. Ich wünsche mir, dass die Guerillas ihre Waffen abgeben und sich wieder in das Volk eingliedern. Versöhnung ist ein schwieriger Weg. Aber wenn nicht begonnen wird, bleibt man in einem ewigen Krieg. Die Menschen in Kolumbien haben nach meiner Einschätzung die Kraft und die Möglichkeit einen Friedensprozess in Gang zu setzen.

DOMRADIO.DE: Im Moment werden viele innerkirchliche Debatten geführt. Müsste die Kirche nicht mehr nach außen gehen?

Mussinghoff: Ich bin stark mit der Gemeinschaft Sant'Egidio verbunden. Diese hat in Afrika viele Gesundheitszentren. In Mosambik etwa gibt es seit drei Jahren keine Geburt eines HIV-infizierten Kindes mehr. Das ist eine ganz tolle Leistung! In diesen Zentren werden Pässe ausgegeben – in Afrika haben bis zu 60 Prozent keine Identitätskarte, sodass sie keinen Zugang zu höheren Schulen haben, nicht legal ausreisen können, keine Krankenversicherung haben und keine Rente bekommen. An diesem Projekt machen inzwischen drei Länder mit – Mosambik, Malawi und Mali. Natürlich muss auch etwas in Deutschland geschehen. Ganz pessimistisch sehe ich die Dinge nicht. In der Bewegung, die durch Migranten ausgelöst worden ist, machen viele Katholiken mit. Einen Prozess zu initiieren, damit diese Menschen – die Fürchterliches erlitten haben – wirklich bei uns leben können, ist eine großartige Geschichte bei der Christen und Nicht-Christen mit arbeiten. Und die Politiker, vor allem Entwicklungsminister, wissen diese Tätigkeit der Kirche sehr zu schätzen.

DOMRADIO.DE: Wie feiern Sie am Sonntag Ihr Priesterjubiläum?

Mussinghoff: Die Feier beginnt mit einer Messe im Dom. Unser Dom ist sehr schön, aber sehr klein und da muss man schauen, dass genug Platz ist. Anschließend gibt es einen Empfang im Hof der Domsingschule, danach ein Mittagessen mit geladenen Gästen.

DOMRADIO.DE: Würden Sie jungen Menschen heute nahelegen, sich für ein Leben als Priester zu entscheiden?

Mussinghoff: Natürlich – immer! Ich würde mich auch immer wieder fürs Priestertum entscheiden, wenn ich jung wäre. Ich glaube, dass ist eine wichtige Dimension, die in unserer Gesellschaft immer mehr verloren geht. Es ist wichtig, dass es über diesem Leben etwas anderes gibt, dass es den Glauben und die Botschaft Jesu gibt. Es ist ein guter Weg zu einem guten Leben.

Das Gespräch führte Teresa Müller-Alander.


Aachener Dom / © Yotily (shutterstock)

Joseph Ratzinger im Jahr 1977 / © N.N. (KNA)
Joseph Ratzinger im Jahr 1977 / © N.N. ( KNA )

Walter Kardinal Kasper / © Francesco Pistilli (KNA)
Walter Kardinal Kasper / © Francesco Pistilli ( KNA )

Bischof Klaus Hemmerle / © Fokolar-Bewegung
Bischof Klaus Hemmerle / © Fokolar-Bewegung

Bischof Mussinghoff mit Papst Franziskus / © Osservatore Romano (dpa)
Bischof Mussinghoff mit Papst Franziskus / © Osservatore Romano ( dpa )

Aachener Dom / © Henning Kaiser (dpa)
Aachener Dom / © Henning Kaiser ( dpa )
Quelle:
DR
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