An diesem Mittwoch wird nicht nur die Neuregelung des Familiennachzugs für subsidiär geschützte Flüchtlinge in Kraft treten - es kommen auch neue Verfahrensweisen beim Kirchenasyl. Das betrifft Fälle, die im sogenannten Dublin-Verfahren aufgenommen wurden. Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass das Land für ein Asylverfahren zuständig ist, in dem der Schutzsuchende die Europäische Union erstmals betritt - im Regelfall die süd- oder südosteuropäischen Länder.
Die meisten Kirchenasylfälle betreffen derzeit Menschen, die nach dieser Regel eigentlich innerhalb von sechs Monaten in eines dieser Länder rücküberstellt werden müssten - ansonsten ist Deutschland zuständig. Diese Frist soll nun auf 18 Monate verlängert werden, sofern Kirchengemeinden Verfahrensabsprachen nicht einhalten.
972 Fälle von Kirchenasyl mit Bezug zum Dublin-Verfahren
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums gab es in der ersten Jahreshälfte 972 Fälle von Kirchenasyl mit Bezug zum Dublin-Verfahren. In Bayern gab es mit 544 Fällen seit Juli 2017 die meisten Kirchenasyle, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (401) und Berlin (215). Sachsen hatte in dem Zeitraum die wenigsten Fälle zu verzeichnen (38). Die Innenministerkonferenz einigte sich Anfang Juli auf das neue Verfahren, und das Bundesinnenministerium erließ Anfang Juli die Umstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
Grundsätzlich achtet der Staat das Kirchenasyl, obgleich es im Recht nicht vorgesehen ist. So einigte sich 2015 der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche in Berlin auf ein gemeinsames Vorgehen.
Vereinbarung, einander zu unterrichten
Dabei sicherten die Kirchen zu, dass es sich bei der vorübergehenden Aufnahme Schutzsuchender in Klöstern oder Kirchengemeinden stets um eine Nothilfe in besonders gelagerten Einzelfällen gehe. Beide Seiten vereinbarten, einander zu unterrichten, um solche besonderen Härtefälle nochmals zu prüfen, wobei die Kirchen ein Dossier zu den Gründen vorlegen sollten.
Entsprechend äußerte der damalige "Flüchtlingsbischof" Norbert Trelle in einer Handreichung der Bischofskonferenz vom Juni 2015 die Hoffnung, dass "mit dem kostbaren Gut des Kirchenasyls weiterhin sehr sorgfältig verfahren wird und somit auch in unserer Zeit die Zuflucht zum heiligen Ort als 'ultima ratio' bewahrt werden kann".
Die Bischöfe hatten in der Vergangenheit wiederholt betont, dass sie mit dem Kirchenasyl kein Sonderrecht beanspruchen, sondern im Einzelfall drohende humanitäre Härten vermeiden wollten, etwa wenn Familien auseinandergerissen würden.
In jüngster Zeit hatten jedoch staatliche Stellen und Politiker den Vorwurf geäußert, dass in nicht wenigen Fällen die Frist von sechs Monaten bewusst ausgereizt wurde, um auf diese Weise eine Rücküberstellung zu verhindern. Ferner sei in vielen Fällen kein Dossier eingegangen.
18-Monats-Frist
So will sich das Bamf künftig auf die 18-Monats-Frist berufen, wenn die Aufnahme von Kirchenasyl nicht unmittelbar gemeldet und kein kirchlicher Ansprechpartner genannt wird. Ferner verlangt das Bamf eine rechtzeitige Zustellung des Dossiers. Im Falle eines negativen Bescheids muss das Kirchenasyl zudem innerhalb von drei Tagen beendet werden.
Die Kirche sieht die Entwicklung kritisch. Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) hält die Verschärfungen für rechtswidrig. Zwar sehe die Dublin-Verordnung durchaus vor, dass Flüchtlinge länger zurückgeführt werden dürften, so die BAG-Vorstandsvorsitzende, Dietlind Jochims. Das gelte jedoch für flüchtige Asylbewerber, was beim Kirchenasyl nicht der Fall sei.
Kern der Debatte sollten laut Jochims eher die Fragen sein, wie die Gründe, die zu Kirchenasyl führen, beseitigt werden können. Kritik an den Plänen des Bamf kam auch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Laut BAG Asyl in der Kirche gibt es mit Stand vom 9. Juli 544 aktive Kirchenasyle mit mindestens 872 Menschen, davon etwa 185 Kinder. 502 dieser Kirchenasyle seien sogenannte Dublin-Fälle.