Der Katholik Joe Deters meint, seine "lieben Freunde" im Klerus verstünden nicht so genau, womit er es täglich zu tun habe. "Es gibt Böses in der Welt, das die Gesellschaft vor die Aufgabe stellt, sich dagegen zu verteidigen." Darum müsse er sich als Staatsanwalt kümmern. Manchmal, so seine Auffassung, sei es nötig, bei den schlimmsten der schlimmen Verbrechen ein Todesurteil zu erwirken.
Höchststraße häufig verhängt
Die ausnahmslose Ächtung der Todesstrafe durch Papst Franziskus habe an seiner Haltung wenig geändert, sagte der Ankläger von Hamilton County im US-Bundesstaat Ohio örtlichen Medien. Ohnehin bleibe er dem dem weltlichen Recht verpflichtet. Ohio gehört zu den 31 Bundesstaaten der USA, in denen es die Todesstrafe gibt. Der Gerichtsbezirk Deters gilt in dieser Hinsicht als besonders aktiv.
Vor einigen Tagen änderte Papst Franziskus eine Formulierung im Katechismus der Katholischen Kirche. Darin hieß es zuvor, die Kirche schließe die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen nicht aus, wenn dies der einzige Weg wäre, Menschen vor einem Aggressor zu schützen.
In dem aktualisierten Artikel heißt es nun, die Todesstrafe sei "unzulässig, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt". Deters kann sich nun nicht mehr auf den Katechismus als Argumentationshilfe berufen.
Keine Rechtfertigung mehr
Bischof Frank Dewane von Venice (Florida), in der US-Bischofskonferenz für das Thema zuständig, erklärte, alle Rechtfertigungsgründe für die Todesstrafe seien entfallen. Der Papst habe klargestellt, "dass nicht einmal ein Mörder seine personale Würde verliert, und Gott selbst versprochen hat, dies zu garantieren". Dewane wies auch darauf hin, dass bereits Franziskus' Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. dafür geworben hätten, die Todesstrafe abzuschaffen.
Chicagos Kardinal Blase Cupich saß gerade bei einer von der Juristenvereinigung American Bar Association organisierten Podiumsdiskussion zum Thema Todesstrafe, als sich die Nachricht von der Entscheidung des Papstes verbreitete. Einige Teilnehmer argumentierten, wie wenig die Todesstrafe dazu beitrage, Straftaten zu verhindern, und wie sehr sie dagegen einzelne Bevölkerungsgruppen diskriminiere. Der Kardinal hob mehr auf moralische Fragen ab.
Verbot ein kraftvolles Zeugnis
Cupich sprach von einem "eigenen und unveräußerlichen Wert", den jedes Menschenleben habe. Der werde nur gestärkt, wenn dieses moralische Prinzip sowohl zur Verteidigung verurteilter Krimineller als auch zum Schutz ungeborenen Lebens herangezogen werde.
Es sei fortan nicht mehr möglich, sich auf den Katechismus zu berufen, um einen Unterschied zwischen Abtreibung und Todesstrafe zu machen. Das Verbot der Todesstrafe sei "ein kraftvolles Zeugnis" für das bedingungslose Recht auf Leben.
Pro und Contra
Während die US-Bischofskonferenz die Entscheidung des Papstes begrüßte, tun sich nicht wenige Gläubige im Land schwer damit. Insgesamt befürwortet laut einer aktuellen Umfrage des Pew Research Center sogar eine Mehrheit von 54 Prozent der US-Bürger die Todesstrafe für verurteilte Mörder. Unter Katholiken ist der Wert fast identisch (53 Prozent).
Die klare Positionierung des Papstes zur Todesstrafe fällt obendrein zusammen mit dem Wiederaufflammen der Missbrauchskrise in der katholischen US-Kirche. Kritiker hinterfragen daher, ob der für die Klarstellung im Katechismus gewählte Zeitpunkt der richtige gewesen sei.
Diskussion nicht am Ende
In jedem Fall wird in den USA die Debatte über die Todesstrafe weitergehen – auch weil es keine einheitliche und juristisch einwandfreie Form der Hinrichtung gibt. Zuletzt verklagte etwa ein Pharma-Unternehmen mehrere Bundesstaaten, die ein Medikament des Konzerns für Hinrichtungen einsetzen wollen.
2018 sind wurden landesweit 14 Menschen hingerichtet worden – alle durch Giftinjektion. Mehr als 2.800 Verurteilte sitzen in den Todeszellen der US-Gefängnisse.