Da packte den Fuldaer Bischof Johannes Dyba die Wut: "Nach der Wende haben wir es als befreiend empfunden, dass die vielen Zentralkomitees im Ostblock verschwunden sind", griff er 1997 im "Spiegel" das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an. "Heute gibt es Zentralkomitees eigentlich nur noch im chinesischen Kommunismus und im deutschen Katholizismus."
Dyba stand nicht allein: Für manche war und ist das in Bonn ansässige ZdK ein rotes Tuch. Für andere ist es dagegen ein europaweit einmaliges Modell, das katholischen Laien und ihren Organisationen eine tragende Rolle im kirchlichen Leben und in der Gesellschaft ermöglichen soll.
ZdK ist Kind einer Revolution
Am 13. September feiert das ZdK mit einem Festakt in Bamberg sein 150-jähriges Bestehen – und das in einer Umbruchzeit: Einerseits verlassen immer mehr Menschen die Kirche; Verbände und Gemeinden spüren die Krise. Andererseits ist die Kirche mit Blick auf Priestermangel und einen Bewusstseinswandel stärker denn je auf die Mitarbeit der Laien angewiesen.
Eigentlich ist das ZdK ein Kind der Revolution von März 1848. Damals beanspruchten auch die Katholiken bürgerliche Rechte wie Versammlungs-, Vereins- und Gewissensfreiheit. Ein halbes Jahr später tagte in Mainz die erste Generalversammlung katholischer Vereine - der erste deutsche Katholikentag.
Das ZdK und die Katholikentage
Für die seitdem regelmäßigen Treffen wurden Organisationsstrukturen nötig: Aus dem Bamberger Katholikentag ging am 3. September 1868 das Zentralkomitee zur Vorbereitung der Deutschen Katholikentage hervor. Allerdings reichten die Aufgaben von Anfang an weiter als die Organisation der Treffen: Es ging um die "Weckung sowie Förderung" des katholischen Vereinslebens und Verbreitung des Glaubens.
Nach 1933 konnten die katholischen Verbände nicht mehr frei arbeiten; Katholikentage gab es nicht. Formell aufgelöst aber wurde das Komitee nie. Nach dem Krieg ging die Arbeit zunächst dezentral weiter: 1948 traf man sich zum ersten Katholikentag in Mainz. 1952 dann der Neustart unter dem heute noch gültigen Namen. Ausdrücklich im Vordergrund steht seitdem die Aufgabe, die für Deutschland typische Vielfalt der kirchlicher Laienarbeit und ihr gesellschaftliches Wirken zu fördern – auch durch Katholikentage. Seit November 1990 gilt das auch für die Katholiken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.
Wie kirchlich ist das ZdK noch?
War das ZdK bis in die 80er Jahre ein Unions-nahes Gremium, so öffnete sich das Komitee nach und nach zu SPD, FDP und Grünen. Manch konservativen Katholiken war das ZdK bald nicht mehr kirchlich genug: Sie gründeten im Jahr 2000 – mit Unterstützung von Dyba – das Forum Deutscher Katholiken.
Die Frage nach dem Verhältnis zwischen Bischöfen und Zentralkomitee zieht sich wie ein roter Faden durch die Jahrzehnte. Die Frage, wie weit das ZdK auch zu innerkirchlichen Fragen Position beziehen soll, führt immer wieder zu Spannungen. Schwangerenkonfliktberatung, Pflichtzölibat, die Rolle der Frauen, Kirchenfinanzen und die Einladung umstrittener Persönlichkeiten zu Katholikentagen sorgten für Zoff zwischen Kaiserstraße und Hochkreuzallee in Bonn, wo Bischofskonferenz und ZdK residieren.
Konfliktthemen sind geblieben
Besonders tief reichte der Konflikt um "Donum Vitae": 1999 verfügte der Vatikan, dass kirchliche Beratungsstellen keine Beratungsscheine mehr ausstellen dürfen, die eine straffreie Abtreibung ermöglichen. Prominente ZdK-Mitglieder gründeten daraufhin mit «Donum vitae» einen privaten Verein, der den Schein weiter ausstellt. Für viele Bischöfe eine Provokation: 2006 untersagten sie kirchlichen Angestellten die Mitarbeit, weil "Donum Vitae" eine Vereinigung außerhalb der Kirche sei.
Auch wenn die Zeit der großen Zerwürfnisse mittlerweile vorbei zu sein scheint: Konfliktthemen bleiben. Diakonat der Frau, Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion, Segnung gleichgeschlechtlicher Paare - das alles zählt zu den Forderungen der Laienorganisation.
Allerdings: Angesichts des Bedeutungsverlusts der Kirche in der Gesellschaft sieht ZdK-Präsident Thomas Sternberg ein Ende alter Frontstellungen. Alle sitzen in einem Boot. Es wäre wichtig, "wenn wir unsere Kräfte nicht weiter in innerkirchlichen Streitigkeiten verschleißen müssen".