"Gerade weil Staat und Kirche Partner sind, ist hier auch der Staat gefragt", sagte Rörig der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Der Staat trage Verantwortung für alle Kinder, auch für die, die sich in Obhut der Kirche befinden. Der Staat müsse daher ein Interesse an einer tiefgehenden Aufarbeitung haben.
Laut Rörig sollten Verträge zwischen Staat und Kirchen ein Akteneinsichtsrecht für Betroffene, Ermittlungs- und Zugangsbefugnisse sowie Entschädigungsansprüche regeln. Bislang führen die Kirchen die Aufarbeitung in Eigenregie. Viele Kirchenvertreter spürten aber, dass es so nicht weitergehe, sagte der unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: "Es braucht einen weiteren, mutigen Schritt, um den Vertrauensverlust zu stoppen, um diese Schuld aufzuarbeiten."
"Ein erster, respektabler Schritt der Aufklärung"
Rörig zeigte sich erschüttert über die Ergebnisse der Studie. "Über die Zahlen, die jetzt öffentlich sind, wundere ich mich leider nicht", sagte er. Die katholische Kirche müsse nun die Debatte über die Frage intensivieren, inwieweit ihre Strukturen dazu beigetragen haben, "dass Missbrauch tausendfach begangen und verdeckt werden konnte". Die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Studie sei "ein erster, respektabler Schritt der Aufklärung", der aber klare Grenzen habe. "Eine unabhängige Aufarbeitung muss weiter gehen", betonte der Missbrauchsbeauftragte.
Die deutschen katholischen Bischöfe stellen am Dienstag bei ihrer Herbst-Vollversammlung in Fulda die in ihrem Auftrag erstellte Studie über die Missbrauchsfälle in der Kirche vor. Laut «Spiegel» und «Zeit» weist die Studie zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3.677 Kinder und Jugendliche als Opfer sexueller Vergehen durch 1.670 Priester, Ordensmänner und Diakone aus.