Zum Weltmädchentag am diesem 11. Oktober leuchten wieder zahlreiche Rathäuser, Fernsehtürme und andere Wahrzeichen weltweit in Pink. "Nur wenn Mädchen überall die gleichen Chancen haben wie Jungen, hat unsere Welt eine Zukunft", sagt Maike Röttger, Geschäftsführerin des Kinderhilfswerks Plan International Deutschland. "Bis dahin müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Denn Gleichberechtigung trägt zur nachhaltigen Bekämpfung von Armut bei - und zu einer sicheren Welt."
In Deutschland strahlen unter anderem der Fernsehturm in Berlin, die St. Petri-Kirche in Hamburg, der Weser Tower in Bremen, die St. Pantaleon-Kirche in Köln und das neue Rathaus in München in Pink. Die Vereinten Nationen hatten den Weltmädchentag 2011 ins Leben gerufen - auf Initiative von Plan International. Seitdem setzen sich am 11. Oktober weltweit Menschen für die Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen ein.
Parallel zur Beleuchtungsaktion werden Mädchen weltweit für einen Tag Führungspositionen in Politik und Gesellschaft übernehmen. Über 1000 solcher sogenannter Takeover sind geplant. Mädchen und junge Frauen treten dann symbolisch an die Stelle von Regierungschefs, Ministern oder Leitern globaler Konzerne.
Schulbildung wichtig für Mädchen
Die Organisation Save the Children unterstreicht anlässlich des Weltmädchentags die Rolle der Schulbildung - vor allem im Kampf gegen Kinderehen. Über 50 Millionen Frühverheiratungen könnten nach Einschätzung einer Hilfsorganisation bis zum Jahr 2030 verhindert werden, wenn alle Mädchen die Sekundarschule abschließen würden..
Frühverheiratung sei eine Hauptursache für den Schulabbruch von Mädchen. Umgekehrt bestehe für Mädchen, die nicht zur Schule gingen, ein erhöhtes Risiko, früh verheiratet zu werden. Besonders in einem unsicheren Umfeld sähen Eltern oft so einen Schutz für ihre Töchter.
7,5 Mädchen weltweit werden frühverheiratet
Das Problem der Frühverheiratungen vor allem in Entwicklungsländern werde unterschätzt, erklärte Geschäftsführerin Susanna Krüger. "Jedes Jahr werden 12 Millionen Mädchen unter 18 gezwungen, erwachsene Männer zu heiraten. Oft sind diese doppelt so alt wie sie selbst."
7,5 Millionen dieser Mädchen würden entgegen bestehender Gesetze in ihrem Heimatland frühverheiratet. Sie würden im Kindesalter schwanger und brächten Kinder zur Welt. Zudem hätten sie kein Mitspracherecht, wann und wen sie heirateten.
Organisation sieht erste Erfolge
"Eine toxische Mischung aus Armut und Geschlechterdiskriminierung führt dazu, dass Familien zu dem Schluss kommen, dass es besser für ihre Töchter ist, früh zu heiraten, als eine Schulausbildung zu absolvieren", so Krüger. "Ein längerer Schulbesuch allein wird den Kinderehen wahrscheinlich kein Ende setzen, aber er ist ein wesentlicher Baustein."
Wenn ein Mädchen verheiratet werde, sei das nicht nur eine "einmalige Verletzung" seiner Rechte, betonte die Expertin. "Die Folgen bekommt es ein ganzes Leben zu spüren. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie misshandelt werden, dass sie Mütter werden, bevor sie emotional und körperlich dafür bereit sind. Oft verlieren diese Mädchen auch ihre Kinder." Die Hilfsorganisation sieht nach eigenen Angaben erste Erfolge im Kampf gegen Frühverheiratungen. So schätzt Save the Children, dass 25 Millionen Kinderehen im vergangenen Jahrzehnt verhindert werden konnten, vor allem in Asien.
Kampf gegen Beschneidung
Die Organisation SOS-Kinderdörfer sieht immer mehr Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Auch in Europa steige die Zahl der Mädchen und Frauen, der diese grausame Prozedur angetan werde, teilten die SOS-Kinderdörfer zum Weltmädchentag mit. "Wir gehen davon aus, dass etwa eine halbe Million Frauen, die in Europa leben, beschnitten wurden, davon fast 65.000 in Deutschland", erklärte Louay Yassin, Sprecher der SOS-Kinderdörfer weltweit am Mittwoch in München.
Weitere 180.000 Mädchen seien europaweit von Verstümmelung bedroht, "in Deutschland sind es 15.000". Aktuell gehe man davon aus, dass weltweit 200 Millionen Mädchen und Frauen beschnitten sind - mit einer vermutlich hohen Dunkelziffer, so Yassin. Werde die Entwicklung nicht eingedämmt, sei davon auszugehen, dass bis 2030 weitere 68 Millionen Mädchen die lebensgefährliche Prozedur erleiden müssten, so die Hilfsorganisation.
Praxis bis 2030 komplett beseitigen
"Positiv ist immerhin, dass immer mehr Staaten Gesetze erlassen gegen weibliche Genitalverstümmelung und Gemeinden zum Beispiel alternative Übergangsrituale entwickeln, die den Mädchen keinen Schaden zufügen, sondern sie stattdessen stärken", sagte Yassin weiter.
Dennoch sei dieser Wandel oft nicht in der breiten Bevölkerung angekommen. Zum Weltmädchentag fordern die SOS-Kinderdörfer deshalb, dass die Anstrengungen gegen weibliche Beschneidung massiv verstärkt werden müssen. "Die Praxis muss aufhören und, wie von den Vereinten Nationen beschlossen, bis zum Jahr 2030 gänzlich beseitigt werden."