Außerdem solle man der Angst vor gefühltem Identitätsverlust widerstehen, sagte Wiesemann am Donnerstagabend in Saarbrücken. Der Bischof kritisierte, dass differenzierte Diskussionen immer schwieriger würden und ein Antiintellektualismus zunehme. Dessen Folge sei für viele Abschottung und Ausgrenzung. Wiesemann rief stattdessen zur persönlichen Auseinandersetzung mit Literatur, Kunst, Musik, Philosophie und Religion auf; dies könne auch "die Demokratie vor Erosion schützen". Der Speyrer Bischof sprach beim Jahresempfang des Katholischen Büros im Saarland.
Erstmals hatte dazu die neue Leiterin des Katholischen Büros, Katja Göbel, eingeladen. Göbel hatte das Amt im Sommer von Prälat Peter Prassel übernommen, der in den Ruhestand gegangen war. Göbel ist die erste Frau in dem Amt. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte in seinem Grußwort, ihre Berufung zeige, dass die katholische Kirche sich trauen solle, "mehr Frauen in die Spitze zu holen".
Glaubwürdigkeit der Kirche "angekratzt und beschädigt"
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ging in seiner Rede auch auf den Missbrauchsskandal ein, der die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche "angekratzt und beschädigt" habe. Es gelte, die Untaten von Amtsträgern aufzuarbeiten. Klar sei, dass jetzt Taten folgen müssten: "Ob wir vertrauenswürdig sind, das zeigt sich daran, was wir tun", so Ackermann, der auch Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger ist.
Zu der Veranstaltung waren neben Vertretern der Zivilgesellschaft und staatlicher Institutionen auch Kabinettsmitglieder und Fraktionsvorsitzende aus dem Landtag gekommen, darunter Oskar Lafontaine (Linke).