Der ehemalige Fallschirmjäger Jair Messias Bolsonaro (63) ist am Sonntag mit 55 Prozent zum neuen brasilianischen Präsidenten gewählt worden. Fernando Haddad (55) von der linken Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) erreichte bei der Stichwahl 45 Prozent. Der Wahlkampf hatte Brasilien über die letzten Monate radikalisiert und extrem polarisiert. Am Wahlabend blieb es aber bis auf vereinzelte Zwischenfälle weitestgehend ruhig.
In dem schonungslos geführten Wahlkampf hatten sich beide Lager gegenseitig aufgestachelt. Die PT griff Bolsonaro wegen dessen homophoben, rassistischen und frauenfeindlichen Äußerungen scharf an und bezeichnete ihn als Rassist und Faschist. Bolsonaro hingegen bezeichnete seine Gegner als Kommunisten und drohte ihnen mit Gefängnis und Exil. Er macht die von 2003 bis 2016 regierende PT für die ausufernde Gewalt im Land, die grassierende Korruption und die tiefe Wirtschaftskrise verantwortlich.
Evangelikale unterstützen ultrarechten Bolsonaro
Seinen erfolgreichen Wahlkampf hatte Bolsonaro auf den drei Säulen Militär, Familie und Religion aufgebaut. Seinen Siegesdiskurs leitete am Sonntagabend ein evangelikaler Geistlicher ein, der Gott für den Wahlsieg dankte. "Die Tentakel der Linken wären niemals ohne die Hilfe Gottes ausgerissen worden", so Pastor Magno Malta. Seine via Facebook übertragene Dankesrede begann Bolsonaro ebenfalls mit Bibelzitaten. Nach einer Messerattacke Anfang September kommuniziert er fast ausschließlich über die Sozialen Medien.
Bolsonaro ist zwar katholisch, hatte sich jedoch 2016 von einem evangelikalen Pastor im Jordan taufen lassen. Seinen zweiten Vornamen "Messias" setzte er im Wahlkampf ein, um besonders unter ultra-konservativen Evangelikalen zu punkten. Am Sonntag dankte er nun Gott und seinen Ärzten dafür, dass sie ihm nach dem Anschlag das Leben gerettet hätten. "Ganz sicher ist dies eine Mission Gottes. Wir sind bereit, sie zu erfüllen."
Opposition fürchtet Verfolgung
Selbst konservative Beobachter kritisierten den religiösen Charakter des Auftritts. Als gewählter Präsident aller Brasilianer müsse er über den Konfessionen stehen, so Kommentatoren des mächtigsten TV-Senders "Globo". Auch richtete er überraschend kein versöhnliches Wort an das unterlegene Lager. Die Opposition äußerte angesichts von Bolsonaros Glorifizierung der Militärdiktatur (1964-85) Furcht vor politischer Verfolgung. Bolsonaros Vize, ein Vier-Sterne-General, hatte mehrfach mit einem Militärputsch gedroht.
"Überall auf den Straßen Brasiliens habe ich Angst gespürt", so der unterlegene Haddad am Sonntag. "Habt keine Angst, wir sind hier, wir stehen zusammen, reichen uns die Hände", versuchte er seine Anhänger zu beruhigen. "Wir werden Eure Anliegen vertreten. Zählt auf uns, habt Mut." Er werde die Freiheit der 47 Millionen Brasilianer verteidigen, die für ihn gestimmt haben, so Haddad. Er sei bereit, dafür sein Leben einzusetzen.
Bolsonaro stellt sich als Außenseiter dar
Erst Mitte September hatte Haddad die Kandidatur von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva übernommen, nachdem dieser vom Obersten Wahlgericht gesperrt worden war. Lula regierte Brasilien von 2003 bis 2010 und befreite Millionen Brasilianer aus der Armut; im Januar war er zu über zwölf Jahren Haft wegen Korruption und Geldwäsche verurteilt und im April inhaftiert worden. In Umfragen hatte er damals deutlich vor Bolsonaro geführt. Die PT sieht hinter Lulas Verurteilung ein Komplott der Justiz.
Bolsonaro seinerseits hatte auf die Anti-PT-Stimmung gesetzt und Lulas Verhaftung zu seinem wichtigsten Anliegen gemacht. Obwohl er seit 1991 im Parlament sitzt, stellt er sich als Außenseiter dar. Er werde das korrupte Polit-Establishment genauso zerschlagen wie die verkrustete und ineffiziente Regierungsmaschine in Brasilia. Sein ultra-liberales Wirtschaftsteam will Staatsbetriebe privatisieren und Arbeiterrechte zurückschrauben. Die Demokratie und die Verfassung werde er respektieren, so Bolsonaro. "Das ist ein Schwur gegenüber Gott."