Vor 175 Jahren erschien "A Christmas Carol" von Charles Dickens

Neuer Schwung für Weihnachten

Verfilmt, vertont, in Videospielen aufgegriffen: Die "Weihnachtsgeschichte" ist eine der bekanntesten Erzählungen von Charles Dickens. Dem Schriftsteller ging es vor 175 Jahren aber nicht nur um heimelige Gefühle.

 (DR)

"Ein Weihnachtslied in Prosa. Eine Geistergeschichte zum Christfest", so lautet der vollständige Titel einer der bekanntesten Erzählungen von Charles Dickens. Die Geschichte um den geizigen Geldverleiher Ebenezer Scrooge, den erst die Begegnung mit Geistern dazu bewegt, sein Leben zu ändern, verkaufte sich sofort gut. In zahlreiche Sprachen übersetzt, wird sie bis heute ununterbrochen gedruckt und inspiriert zu neuen Fassungen, Parodien, Adaptionen. Vor 175 Jahren, am 19. Dezember 1843, wurde sie erstmals veröffentlicht.

Wenn Weihnachten mit seinen alten Bräuchen und wohltätigen Ansprüchen jemals vom Verfall bedroht gewesen sei, so schrieb der Dichter Thomas Hood, "dann ist dies das Buch, das ihm neuen Schwung verleiht".

Im Mittelpunkt steht ein Geizkragen

Beides verwebt Dickens auf zauberhafte Weise: die festlichen Traditionen, die Weihnachten zu einem besonderen und einzigartigen Fest machen - und den Gedanken an arme, notleidende Menschen, durch den Weihnachten stets mehr als ein heimeliger Abend bei Kerzenschein war.

Im Mittelpunkt der Geschichte, die in fünf Strophen unterteilt ist, steht Ebenezer Scrooge. Der Name des Geldverleihers ist zum Synonym für einen Geizkragen geworden; nicht umsonst ist der kniepige Comic-Erpel Dagobert Duck - im Englischen Scrooge McDuck - nach ihm benannt.

Ebenezer Scrooge jedenfalls "verstand sich darauf, die Menschen zu schinden", so heißt es zu Beginn bei Dickens. Er ist nicht sparsam, sondern kaltherzig, ein "geiziger alter Sünder", der die Weihnachtsgrüße seines Neffen als "Humbug!" abtut und die Bitte um eine Spende für arme Menschen verächtlich macht.

Nach dieser Nacht ist er ein neuer Mensch

Die folgende Begegnung mit dem ersten Geist führt Scrooge - und dem Leser - vor Augen, wie er zu demjenigen wurde, der er ist: mit der Erinnerung an seine Kindheit und an seine große Liebe. Der zweite Geist zeigt ihm, wie andere den Weihnachtsabend verbringen.

Erstmals äußert Scrooge nun Mitleid: beim Anblick der Familie seines Angestellten Bob Cratchit. Über den kränklichen kleinen Sohn hatte Scrooge einmal gesagt, er solle besser sterben, um nicht zur Überbevölkerung beizutragen. In der möglichen Zukunft, durch die ihn der dritte Geist führt, sprechen verschiedene Figuren voller Abscheu über einen verstorbenen Geizhals - ihn selbst, wie Scrooge mit Entsetzen feststellt.

Nach dieser Nacht ist er ein neuer Mensch. Scrooge feiert Weihnachten mit seiner Familie, entschuldigt sich bei den Spendensammlern und gibt reichlich, etwa seinem Angestellten eine Gehaltserhöhung. Die "eihnachtsgeschichte" greift damit Elemente des klassischen Dramas auf: die Einteilung in Akte mit ansteigender Spannung und der Läuterung des Helden.

In Dickens Werk steckt viel Sozialkritik

Der Erzählstil erinnert teils an Märchen, zugleich tauchen christliche Motive auf. So erklärt der zweite Geist, es habe schon 1.800 "Weihnachtsgeister" wie ihn selbst gegeben, also jedes Jahr seit Christi Geburt einen neuen.

In den Werken Dickens', der in seiner Kindheit selbst materielle Not litt, kommt häufig Sozialkritik vor, auch in berühmten Romanen wie "Oliver Twist" oder "Große Erwartungen". Obwohl der Autor sich auf die Missstände im viktorianischen England bezieht, erscheinen viele Beobachtungen weiterhin aktuell.

Wenn Scrooge zu Beginn erklärt, dass "Tretmühle und Armengesetz" doch wohl genug Kosten verschlingen, wenn er wiederholt feststellt, das Leid anderer gehe ihn nichts an und er wolle seine Ruhe haben - dann mag mancher Leser an dieselbe soziale Kälte denken, die heute um sich zu greifen scheint.

Truthahn, Punsch und Weihnachtspudding

Weihnachtliche Bräuche, die in der Geschichte vorkommen, erfreuten sich in der Epoche großer Beliebtheit: Der Weihnachtsbaum war in Großbritannien angekommen, die traditionellen Weihnachtslieder ("Carols") erlebten ein Revival. Truthahn, Punsch und Weihnachtspudding, Kerzen, geschmückte Häuser und die Bitte um Gottes Segen - das steht am Ende der Geschichte.

Kein Wunder, dass sie immer wieder neu das Herz wärmt. Zu den unzähligen Adaptionen zählen eine Verfilmung mit den "Flintstones", eine mit den "Muppets" und eine von Disney; in diesem Jahr laufen eine Version der Augsburger Puppenkiste und ein Dickens-Porträt im Kino. Es scheint, als ginge Weihnachten der Schwung nicht aus.

Von Paula Konersmann


Quelle:
KNA