Leiter von Maria Laach über die bevorstehende Abtwahl

"Eine zerstrittene Gemeinschaft hat keine Zukunft"

Das berühmte Kloster Maria Laach in der Eifel galt über Jahre als zerstritten, bis 2016 Pater Andreas Werner zum vorübergehenden Leiter gewählt wurde. Im kommenden Jahr steht nun eine neue Abtwahl an. Was erwartet Pater Werner?

Abteikirche der Benediktinerabtei Maria Laach / © Thomas Frey (dpa)
Abteikirche der Benediktinerabtei Maria Laach / © Thomas Frey ( dpa )

KNA: Es war ein Paukenschlag, der weit über die Grenzen von Maria Laach wahrgenommen wurde: Im September 2014 wählten die Mönche Benedikt Müntnich, seit 2002 Leiter der Benediktinerabtei, nicht wieder. Das berühmte Kloster in der Eifelgemeinde Glees galt als zerstritten. Nach einer Zwischenlösung wurden Sie - aus der münsterländischen Abtei Gerleve kommend - zum vorübergehenden Leiter, zum Prior Administrator, gewählt. Die Eifel war über Jahrhunderte eine Region von herausragender Bedeutung für das Klosterleben. Wie sehen Sie die Entwicklung der vergangenen Jahre?

Pater Andreas Werner (Prior Administrator des Klosters Maria Laach): Leider war das eine negative Entwicklung. In diesem Jahr wurde das Trappistenkloster in Mariawald aufgelöst. Die Benediktinerinnen der Abtei Maria Heimsuchung in Steinfeld haben beschlossen, 2019 auf den Bonner Venusberg umzuziehen. Vor vielen Jahren, 2011, traf es bereits die Benediktinerabtei Sankt Michael in Siegburg, das zwar nicht in der Eifel liegt, aber doch in der Nähe.

Und Ende 2017 gaben die Zisterzienser ihr Kloster Himmerod auf. Viele Freunde von mir bedauern, dass diese auf Bernhard von Clairvaux zurückgehende Tradition zu Ende gegangen ist. Auch mein Vater war dort jedes Jahr für ein paar stille Tage. Das ist ein faszinierender Ort!

KNA: Das Bistum Trier hat das Ziel ausgegeben, Himmerod notfalls auch ohne Orden als geistlichen Ort zu erhalten. Kann so etwas funktionieren?

Werner: Ich würde es sehr begrüßen und kann es mir auch gut vorstellen, dass es dort weitergeht. Ich glaube aber, dass es gut für Himmerod wäre, wenn dort eine kleine Kommunität entsteht, die den letzten verbliebenen Pater Stephan unterstützt und dem Ort Stabilität gibt.

KNA: Wie erklären Sie sich den Niedergang des Ordenslebens?

Werner: In den Orden bilden wir die Entwicklung des Glaubenslebens allgemein und die demografische Kurve ab. Das spielt eine wichtige Rolle dafür, dass es immer weniger Berufungen gibt. Früher war es ganz selbstverständlich, dass jemand aus den damals meist kinderreichen Familien ins Kloster eingetreten ist. Wer sich heute für ein klösterliches Leben interessiert, hat eher mit teils ganz massiven Widerständen zu kämpfen. Ich erlebe das in der eigenen Familie: Wie kannst du das denn machen? Es ist eigentlich erstaunlich, dass dann und wann noch jemand den Weg ins Kloster findet.

KNA: Wie bewerten Sie die Situation in Maria Laach?

Werner: Die Tatsache, dass ich hier als benediktinischer Mitbruder aus einem anderen Kloster eingesetzt worden bin, signalisiert eigentlich schon eine Krisensituation. Diese Krise braucht eine Klärung, eine Ordnung. Weil die Mitglieder in den Konventen immer weniger und älter werden, ruht die gleiche Arbeitslast heutzutage auf immer weniger Schultern. Dadurch kommen Spannungen hinein, die es früher so nicht gab.

KNA: Wie drückt sich das aus?

Werner: In Maria Laach habe ich eine Vereinzelung erlebt: Es gibt viele starke Individuen, die in ihren Bereichen arbeiten. Es geht aber darum, aus den vielen starken Ichs ein starkes Wir wachsen zu lassen. Es war von Anfang an mein Bestreben, wieder eine brüderliche Gemeinschaft wachsen zu lassen. Wir haben viel miteinander gesprochen, auch mit Hilfe von außen.

KNA: Haben Sie sich deshalb entschlossen, 2019 wieder eine Abtwahl durchzuführen?

Werner: Ich bin am 11. Mai 2016 hier eingesetzt worden für drei Jahre. Am 5. Mai 2019 findet daher regulär eine Abtwahl in Maria Laach statt. Die Gemeinschaft hat den Wunsch an mich herangetreten, als Abt zu kandidieren, doch ich habe das abgelehnt. Das liegt an meinem Alter von 67 Jahren und an den vielen Aufgaben, die in den nächsten Jahren anstehen: Das Hotel muss saniert und erweitert werden, in die Gaststätte müssen wir investieren. Ich glaube, dass es eine gute Wahl wird, dafür bete ich auch.

KNA: Hat die Ordensgemeinschaft ihre Differenzen überwunden?

Werner: Das glaube ich schon. Wir laborieren natürlich noch an diesen individualistischen Kräften, die an sich auch gut sind. Aber diese Dynamik nach außen muss einhergehen mit einer Dynamik nach innen. Altabt Benedikt Müntnich ist Ende 2017 wieder nach Maria Laach zurückgekehrt. Er nimmt sich sehr zurück. Für mich ist er eine große Hilfe, weil er die Gemeinschaft gut kennt. Ich bin ja erst seit zweieinhalb Jahren hier.

KNA: Wie viele Benediktiner gibt es zur Zeit in Maria Laach?

Werner: Wir sind insgesamt 35 Ordensangehörige, von denen jedoch nicht alle in Maria Laach präsent sind. So sind einige Mitbrüder in der Sozialarbeit oder in der Pfarrseelsorge tätig oder zu Forschungszwecken außerhalb. Wir haben durchaus einige jüngere Mitbrüder, die in den nächsten Jahrzehnten die Last und die Lust des Lebens hier tragen werden. Ich erlebe die Gemeinschaft als beweglich.

Das ist ja ein riesiger Betrieb mit 12 mittelständischen Betrieben, 250 Angestellten und fast einer halben Million Besuchern im Jahr. Der Kontakt mit den vielen Menschen hier, die Seelsorge, hält die Kommunität wach.

KNA: Welche Perspektiven hat ein Kloster wie Maria Laach?

Werner: Mich beflügelt der Satz aus der Apostelgeschichte: "Seht, wie sie einander lieben." Ich habe den Mitbrüdern häufig gesagt: Eine große Gemeinschaft, die in sich nicht einig ist, hat keine wirklich überzeugende Zukunft. Aber eine noch so kleine Gemeinschaft, die eins ist, wird überleben. Davon bin ich überzeugt.

KNA: Sind Mönche eigentlich auch der immer schneller werdenden digitalen Welt unterworfen?

Werner: Auf jeden Fall. Ich zähle mich ausdrücklich dazu. Ich bemerke selbst mit Bedauern, dass neben dem Beten und Arbeiten die Schriftlesung für mich leider zu kurz gekommen ist, seit ich Prior Administrator bin. Dadurch grabe ich mir meine eigenen Quellen ab - was auch ein Grund dafür ist, dass ich nicht als Oberer antrete. Ein weiterer Grund dafür, dass ich nach Gerleve zurückkehre, ist, dass es doch das Kloster ist, wo mein Herz ist. Auch dort wird jeder Mitbruder gebraucht.

Das Interview führte Michael Merten.


Quelle:
KNA