Regierung verspricht Hilfen für einkommensschwache Familien

"Ich möchte jetzt etwas verbessern"

Das "Starke-Familien-Gesetz" soll unter anderem den Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen erhöhen und so das Existenzminimum für Kinder sichern. Nicht alle Verbände sehen den Durchbruch gegen Kinderarmut in diesem Gesetz.

Autor/in:
Birgit Wilke
"Starke-Familien-Gesetz" soll das Existenzminimum für Kinder sichern / © Monika Skolimowska (dpa)
"Starke-Familien-Gesetz" soll das Existenzminimum für Kinder sichern / © Monika Skolimowska ( dpa )

Nach dem "Gute-Kita-Gesetz" gibt die Regierung auch diesem Entwurf einen plakativen Titel: Das "Starke-Familien-Gesetz". Die Reformen sollen ein Existenzminimum für Kinder aus einkommensschwachen Familien sicherstellen.

"Ich freue mich so richtig", meinte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Und man kann nicht anders, als es der früheren Neuköllner Bezirksbürgermeisterin zu glauben. Sie sei Ministerin geworden, um vor allem einkommensschwachen Familien stärker zu unterstützen, betont sie immer wieder.

Paul-Gerhardt-Stift als Treffpunkt

Gemeinsam mit Sozialminister Hubertus Heil (SPD) stellte sie am Mittwoch ein neues Gesetz vor, das genau das erreichen soll. Beide trafen sich dazu ganz bewusst im Stadtteil Wedding - mit seinen vielen einkommensschwachen Familien. Im Paul-Gerhardt-Stift, das mehrheitlich zum Evangelischen Johannesstift gehört, begegneten sie genau dem Klientel, das von den Reformen, die das sogenannte Starke-Familien-Gesetz beinhaltet, profitieren soll.

So wie die Studentin Aike Tappe, die zusammen mit ihrem Partner - ebenfalls Student - und den beiden Kindern in das Zentrum gekommen ist. Für sie sei es schwer, über die Runden zu kommen, erzählt sie den Ministern. Vor allem die hohen Mietpreise machten Familien, die in einer ähnlichen Situation lebten, zu schaffen.

Kinderzuschlag soll erhöht werden

Das Paul-Gerhard-Stift beherbergt verschiedene Einrichtungen wie eine Kindertagesstätte und Anlaufstellen für Beratungen. So berichtet Mitarbeiterin Leyla Burak, dass sich bei ihr Eltern, die Hartz IV bekommen oder nur über ein geringes Einkommen verfügen, nach Hilfen erkundigen. Es sei eine gute Nachricht, wenn sie ihnen von den anstehenden Reformen erzählen könne, meint sie.

Dazu gehört ein ganzes Maßnahmenpaket, das die Bundesregierung am Mittwoch auf den Weg brachte. So soll der Kinderzuschlag, den Familien mit geringem Einkommen erhalten, erhöht (von 170 auf 185 Euro pro Monat) und vereinfacht werden. Zudem sollen Eltern, die den Kinderzuschlag erhalten, automatisch von den Kita-Gebühren befreit werden.

Familien- und Sozialministerium gehen davon aus, dass dann 1,2 Millionen Kinder mehr anspruchsberechtigt sind. Derzeit seien es rund 800.000 Mädchen und Jungen.

Sofortige Verbesserung trotz vieler Hindernisse

Weiter sieht der Gesetzentwurf Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket vor. So soll der Betrag für die Ausstattung mit Schulbedarf erhöht werden. Eigenanteile beim Schulessen und der Schülerbeförderung sollen entfallen. Stimmen Bundestag und Bundesrat zu, könnten die ersten Reformen bereits im Juli in Kraft treten.

Das Gesetz solle sicherstellen, dass das Existenzminimum eines Kindes gesichert werde, so die Minister. Mit Blick auf die von vielen Verbänden geforderte Einführung einer Kindergrundsicherung betonten sie, da gebe es noch viele Hindernisse und eine lange Debatte sei dazu notwendig. "Ich möchte aber jetzt schon etwas verbessern, nicht erst in fünf Jahren", erklärte Giffey.

Verbände kritisieren den Entwurf

Weil sich vor allem die Verbände mehr erhofft hatten, kam von ihrer Seite auch Kritik. So plädierte das Zukunftsforum Familie dafür, langfristig eine "kindzentrierte Förderung in Form einer sozial gerechten Kindergrundsicherung" einzurichten. Damit würde Kinderarmut nachhaltig bekämpft.

Der Caritasverband sprach von "ersten wichtigen Schritten" zur Bekämpfung von Kinderarmut. Der Entwurf greife aber zu kurz. Ähnlich äußerte sich auch der Familienbund der Katholiken. Eine große Reform sei es nicht geworden. Das Gesetz führe aber zu einer spürbaren Verbesserung für viele einkommensschwache Familien.

Gesetz verfehle das Ziel

Der Kinderschutzbund meinte, viele arme Kinder würden auch in Zukunft durch den Rost fallen und weiter in Armut leben. Die Diakonie erklärte, das Gesetz verfolge eine gute Absicht, verfehle "aber leider vollständig das Ziel". Die Entlastung für Familien mit kleinem Einkommen und Alleinerziehende sei nicht ausreichend. Von den Oppositionsfraktionen kamen ähnliche Töne. Es sei nicht der "große Wurf", meinte etwa die Grünen-Parteivorsitzende Annalena Baerbock.

Die Kosten für den Gesetzentwurf schlagen trotzdem zu Buche. Für die Reform des Kinderzuschlags stehen dann eine Milliarde Euro bis Ende 2021 zur Verfügung, für Änderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket rund 220 Millionen Euro pro Jahr.

 

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) / © Gregor Fischer (dpa)
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) / © Gregor Fischer ( dpa )
Quelle:
KNA