Pawel Adamowicz (1965-2019) war ein Revolutionär. 1988 führte er an der Universität in Danzig den Streik gegen die kommunistische Führung an. In den vergangenen Jahren zog er als Bürgermeister der nordpolnischen Stadt Danzig zu Felde gegen die Antimigrationspolitik der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). "Wie es mit der Migration weitergeht, ist fundamental für uns", sagte Adamowicz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im Juni 2017. Am Montag starb er nach einer Messerattacke eines 27-Jährigen.
Die Hintergründe der Tat sind noch ungeklärt
Bis 2015 gehörte Adamowicz der liberal-konservativen Partei Bürgerplattform an, danach war er parteilos. Entweder werde die polnische Gesellschaft "pluralistisch" oder "ausländerfeindlich", sagte Adamowicz im Juni 2017. In Danzigversuchte er als Bürgermeister seit 1998, die Dinge anders anzugehen. Als erste Stadt in Polen habe man eine Entschließung zur Einwanderung verabschiedet.
"Wir können - wenn wir wollen", lautete das Motto des Bürgermeisters. Zusammen mit der Nachbargemeinde bot er der Regierung an, eine Gruppe von syrischen Flüchtlingen aufzunehmen. Doch Warschau blockte ab. Auch wenn viele Polen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen seien, könne sich dies ändern, wenn die Menschen erst einmal da wären, meinte Adamowicz. Er selbst suchte den Dialog - mit dem Islam aber auch mit anderen Kommunen, wie Juni 2017 bei einer Konferenz zu Einwanderung und Flucht. Adamowiczs Ziel: Auch andere Bürgermeister zu überzeugen, die Danziger Erklärung zur Integration zu unterzeichnen.
Papst Johannes Paul II. als Inspirationsquelle
Adamowicz war überzeugt: Die Mitgliedschaft in der Union geht nicht nur mit Rechten einher, sondern auch mit Verpflichtungen. Die EU sei kein Supermarkt, wiederholte er den Satz, den Emmanuel Macron beim EU-Gipfel im Sommer 2017 sagte. Doch die EU-Strukturmittel zu kürzen, um auf diesem Wege Druck in der Flüchtlingsfrage aufzubauen, hielt Adamowicz für falsch. Darunter könnten letzten Endes auch die Integrationsprojekte der polnischen Städte und Regionen leiden. Außerdem nutze die Regierung derartige Entscheidungen, um Stimmung gegen die EU zu machen. Adamowicz sprach von einem "riskanten Spiel".
Die Familie des am Montag verstorbenen Bürgermeisters weiß, wie sich Flucht anfühlt. Sie stammt aus einem Teil im Osten Polens, der heute zu Litauen gehört. Eine Zeit lang lebten Adamowiczs Großeltern in Kasachstan. Und er hatte noch eine andere Quelle der Inspiration: Papst Johannes Paul II. Adamowicz erlebte, wie der polnische Papst 1987 in Danzig zur Solidarität mahnte. Das motivierte ihn. "Der Glaube ist das natürliche Fundament für mein Engagement", sagte Adamowicz.
Gebetsaufrufe der katholischen Kirche
Die katholische Kirche in Polen hatte in der Nacht zu Montag noch zu Gebeten für den bei einem Messerangriff schwer verletzten Danziger Bürgermeister aufgerufen. "Wir beten für Gesundheit und ein Wunder", sagte Danzigs Erzbischof Slawoj Leszek Glodz nach einem Besuch der Uniklinik der Ostseestadt. In der Klinik war Adamowicz fünf Stunden lang operiert worden, bevor er am Montag den Verletzungen erlag.
Adamowicz gehörte bis 2015 der derzeitigen Oppositionspartei Bürgerplattform PO an. Nach Angaben des Innenministeriums wurde er nach dem Angriff zunächst reanimiert. Anschließend sei er im Krankenhaus fünf Stunden lang operiert worden, sagte sein behandelnder Arzt Tomasz Stefaniak. Adamowicz hatte demnach Verletzungen an Herz, Zwerchfell und Organen im Bauchraum erlitten und viel Blut verloren.