DOMRADIO.DE: Als der Heiligen Bernadette in Lourdes die Muttergottes erschienen war, wollte ihr erst einmal keiner so recht glauben. Und heute zählt der Erscheinungsort zu den wichtigsten Wallfahrtsorten der ganzen Welt. Erklären Sie uns das.
Pfarrer Klaus Holzamer (Pilgerseelsorger in Lourdes): Das ist schon sehr erstaunlich und eine Geschichte, die man kennen sollte. Denn zunächst wurde sehr viel Überzeugungskraft verwendet, die letztlich von der Gottesmutter ausging, gegenüber Bernadette, ihren Eltern, den Autoritäten und vor allen Dingen auch gegenüber dem Pfarrer, der zunächst ganz und gar nicht begeistert war. Es hat einige Zeit gedauert, bis Maria am 25. März 1858, bei der drittletzten Erscheinung von insgesamt 18, ihren Namen genannt hat.
Vorher hat man nur von der Dame oder von der schönen Dame gesprochen. Es war am Anfang eine mysteriöse Erscheinung. Bernadette musste selbst überzeugt werden, weil sie auch sehr überrascht und unsicher war. Heute hat sich das Gott sei Dank sehr gut entwickelt. Lourdes ist tatsächlich für viele Menschen zu einem Magneten geworden – gerade an diesen Tagen der Vorbereitung. Und heute feiern wir den Gedenktag "Unserer Lieben Frau von Lourdes". Denn genau heute ist sie der Heiligen Bernadette vor 161 Jahren zum ersten Mal erschienen.
DOMRADIO.DE: Lourdes wird von Millionen von Pilgern, meist Kranken, aus aller Herren Ländern aufgesucht, darunter auch vielen Deutschen, für die Sie dann zuständig sind. Welche Erlebnisse oder Zusammentreffen haben Sie dort besonders geprägt?
Holzamer: Was mich sehr, sehr beeindruckt, ist die Art und Weise, wie Menschen hier ergriffen werden. Wir haben das vielleicht in Deutschland gerade erlebt, als der Schrein der Heiligen Bernadette an vielen Stellen zugegen war. Das ist eine Begegnung von Herz zu Herz, die sich in der Phase der Erscheinung zwischen Maria und Bernadette widerspiegelt. Denn es hat nicht lange gedauert, nachdem die Quelle offen war, dass sich Menschen den Gesten der Heiligen Bernadette ganz spontan angeschlossen haben. Und dieses Ergriffenwerden und die Offenheit sind ein ganz direkter Weg des Untereinanderseins.
Ich erzähle immer wieder sehr gerne, wie ich Pilger wahrnehme, wenn sie mit ihren Bischöfen da sind. Da gibt es dann keine Distanz. Es ist ein sehr herzliches Einvernehmen und ein Miteinander der Begegnung. Und ich denke, dass beide Seiten davon profitieren.
Das Andere ist, dass die Kranken nicht irgendwie nebenherlaufen, sondern dass alle Pilgernde sind, und die Kranken gleichzeitig als eine Bereicherung da sind. Das spiegelt sich in diesem Jahr im Wallfahrtsmotto: "Selig ihr Armen". Das will nicht herablassend sein, sondern einfach den Hinweis geben, dass dies unsere Haltung ist. Egal, von welcher Seite Menschen kommen. Manche sind begütert, andere weniger, aber diese Haltung ist etwas, was uns verbindet. Und arme Menschen sind nicht eine Zugabe, die man so mitschleppt, sondern integraler Bestandteil, wie die Kranken auch, die hier eine ganz besondere Zuneigung erfahren.
Das Interview führte Tobias Fricke.