DOMRADIO.DE: In Passau dreht sich gerade alles um die katholische Männerarbeit. Dort ist am Montag die Bundeskonferenz der Diözesanmännerreferenten und der Diözesanbeauftragten für Männerseelsorge zu Ende gegangen. Am Dienstag ging es mit der Haupttagung der Gemeinschaft katholischer Männer weiter. Manche sagen, in der katholischen Kirche seien die eigentlichen Entscheidungsträger sowieso alles Männer, das sei doch eine "Männerkirche". Wieso braucht es dann überhaupt noch eine extra Männerarbeit?
Dr. Andreas Heek (Leiter der kirchlichen Arbeitsstelle für Männerseelsorge und Männerarbeit in den deutschen Diözesen e.V.): Weil zwar die Kirche von Männern geleitet ist, aber von einer speziellen Gruppe von Männern - nämlich zölibatär lebenden Priestern. Wir als Arbeitsstelle Männerseelsorge fühlen uns aber sozusagen für die anderen Männer zuständig.
DOMRADIO.DE: Wir hören auch oft, dass Männer sich heute mit ihrer Rolle in der Gesellschaft schwertun, weil viele alte Männlichkeitsbilder überholt sind. Spiegelt sich das auch in Ihrer Arbeit wider?
Heek: Das ist sozusagen unser tägliches Brot. Die Herausforderung für Männer besteht darin, sowohl ihre erworbenen Männlichkeitsvorbilder in eine moderne Männlichkeit zu transformieren, in der sie sich aber mit ihrer Sozialisation nicht verloren und abgehängt fühlen. Sie müssen diese Männlichkeitsbilder vielmehr in eine moderne Zeit führen, wo es dann zu anderen Rollenbildern kommen muss und auch kommen darf. Es sind ja nicht nur Herausforderungen, die den Männern schwerfallen. Es gibt auch viele Dinge, wo es einen großen Freiheitsraum für Männer gibt, sich nochmal anders zu entfalten und zu entdecken, als das mit einer traditionellen Männlichkeit verbunden ist.
DOMRADIO.DE: Auf der Haupttagung stehen am Mittwoch nochmal die Ergebnisse der Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche im Fokus. Inwieweit haben katholische Männer da vielleicht noch einmal eine andere Perspektive?
Heek: Wir plädieren ganz eindeutig dafür, dass wir uns sehr als Männer angesprochen fühlen, die auch in Gesellschaft - nicht nur in der Kirche - zu der Tätergruppe gehören. Wir brauchen einen professionellen Umgang damit - auch in der Kirche. Wir plädieren sehr dafür, dass man Priester auch als Männer sieht, die als solche ein Problem haben. Wir wollen dem Missbrauchsskandal auch dadurch begegnen, dass wir sagen: Wir holen die Priester ein Stück weit auch auf diese Männerebene herab. Dann fällt es auch der Kirche vielleicht leichter, mit dieser Frage umzugehen – also nicht so verschämt, verdruckst, wie das zum Teil immer noch passiert.
DOMRADIO.DE: Was sehen Sie denn heute als größte Herausforderung in der katholischen Männerarbeit?
Heek: Wir sehen die Herausforderungen darin, dass wir einen neuen Zugang zu Männlichkeiten - Plural - brauchen, weil es die eine Männlichkeit nicht mehr gibt. Das ist in der Kirche immer schwer zu akzeptieren, dass es von einer ganz bestimmten Wahrheit mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt. Wir versuchen die Männer dazu anzuleiten, ihre eigene Männlichkeit zu entdecken und dies wiederum auch für die kirchliche Arbeit zur Verfügung zu stellen und sich nicht weiter in den Privatraum zurückzuziehen, sondern auch ihre Spiritualität und ihr Christsein wieder überzeugter und überzeugender rüberzubringen. Das ist eigentlich unsere Hauptaufgabe.
Das Interview führte Julia Reck.