Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, wünscht sich beim Gipfel eine Selbstverpflichtung der Amtsträger. Die Gipfelteilnehmer müssten deutlich machten, dass "wir gemeinsam uns bewusst sind, was hier passiert ist, dass wir das gesehen haben, und dass wir daraus Konsequenzen ziehen, dass wir lernen wollen daraus", sagte er am Donnerstagabend den ARD-"Tagesthemen".
Der Münchner Erzbischof wird am Samstag bei der viertägigen internationalen Vatikan-Konferenz sprechen. Eine Abschlusserklärung ist nicht geplant. Papst Franziskus will am Sonntag die Ergebnisse in einer Grundsatzrede zusammenfassen.
Marx gegen Zölibatabschaffung
Eine Abschaffung des Zölibats als Präventionsmaßnahme wies Marx zurück. "Man wird über die Lebensform der Priester sprechen, aber ich glaube nicht, dass das der einzige Punkt ist, an dem der Missbrauch überwunden wird", so der Erzbischof. Dennoch müsse sich die Kirche verändern und authentischer, demütiger und achtsamer werden, forderte Marx. Er hob die Bedeutung eines Schuldbekenntnisses gegenüber Missbrauchsopfern hervor. Dies werde wohl am Samstag in der Bußliturgie im Vatikan erfolgen.
Woelki: Vertrauen zurückgewinnen
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki will mit konkreten Maßnahmen verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. So sollen unter anderem Schritte zur verbesserten Missbrauchsaufarbeitung, zum Wohnungsbau, zum verstärkten Kontakt mit den Menschen sowie zur Anerkennung von kirchlich Engagierten die Welle an Kirchenaustritten stoppen, sagte der Kölner Erzbischof der "Bild"-Zeitung (Freitag).
Das Erzbistum Köln habe zur "lückenlosen und transparenten Aufarbeitung" von Missbrauchsfällen eine unabhängige Münchner Kanzlei beauftragt sowie einen Beirat mit Betroffenen eingerichtet, der auch Präventionsmaßnahmen verbessern solle, sagte Woelki. Ebenso wolle man stärker auf die Menschen zugehen und sie zum Mitmachen einladen.
"Kirche muss zu den Leuten. Kirche und Kölsch bzw. Alt gehören zusammen", sagte der 62-Jährige. Weiter gelte es, die in der Kirche Aktiven zu stärken.
Ackermann für Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche
Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sprach sich für die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche aus. "Wenn jemand den Eindruck hat, ein Bischof, ein Kirchenoberer, ein Generalvikar oder Personalchef kommt seiner Verantwortung nicht in genügendem Maße nach, dann gäbe es hier eine Klageinstanz", sagte der Trierer Bischof am Donnerstagabend im "Tagesschau"-Interview.
Ackermann forderte eine Kontrolle und Teilung von Macht in der Kirche. Das Verständnis von Priestern und Bischöfen müsse sich ändern. Es dürfe keine "falsche Überhöhung geben"; Personen dürften nicht "unantastbar dastehen".
Der Trierer Bischof bekräftigte den Willen der Kirche zur Zusammenarbeit mit dem Staat bei Missbrauchsfällen. "Wir haben ein ganz klares Reglement, dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden muss. Das kirchliche Recht steht nicht über dem staatlichen Recht - im Gegenteil."
Sternberg sieht noch Defizite
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, fordert von Kardinal Reinhard Marx eine klare Botschaft beim Gipfel. Er müsse deutlich Position beziehen, sagte Sternberg der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). Weltweit müssten sich alle dem Problem Missbrauch stellen. "Keine Bischofskonferenz kann sich da mehr herausstehlen", sagte Sternberg.
Trotz der Bemühungen der Kirche in Deutschland um Aufarbeitung sehe er noch Defizite, so der Chef der obersten katholischen Laienvertretung weiter. "Es gibt verschiedene Ansätze, und es fehlt ein einheitliches Konzept für Aufarbeitung und Prävention."