Pater Anselm Grün gibt Tipps zum richtigen Fasten

"Verzicht ist innere Freiheit"

Richtig Fasten – dazu hat der Fastenexperte schlechthin, der Benediktinerpater Anselm Grün, viele Bücher geschrieben. Er verzichtet auch selbst & kann deshalb Tipps zum richtigen Fasten geben. Ganz wichtig dabei: die Freude am Fasten.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Was bedeutet für Sie die Fastenzeit?

Pater Anselm Grün (Missionsbenediktiner der Abtei Münsterschwarzach): Für mich ist die Fastenzeit eine Trainingszeit in die innere Freiheit, dass ich auch mal verzichte und bewusst körperlich faste. Aber es geht vor allem um Reinigung - nicht nur des Körpers, sondern auch des Geistes. Deswegen ist es auch ein guter Vorsatz, zum Beispiel eine Woche lang nicht über andere zu reden, wichtig. Das reinigt auch die Gedanken, die sich ständig um die anderen kümmern. So ist die Fastenzeit für mich eine gute Vorbereitung auf Ostern. Das ist das Ziel, dass ich Ostern intensiver feiere.

DOMRADIO.DE: Es ist auch ein Zusammenspiel von Körper und Seele. Wir räumen Innen und Außen in diesen vierzig Tagen auf. Wie fastet man denn richtig?

Grün: Eine Woche kann man zum Beispiel heilfasten, sodass man eine Woche lang nichts isst und nur Wasser, Saft, Tee und vielleicht Gemüsebrühe trinkt. Danach sollte man ganz langsam wieder abfasten. Die ersten Tage darf man auf gar keinen Fall Fleisch essen. Danach darf man nur ganz wenig essen, damit man wirklich ganz langsam isst und das Essen neu genießen kann. Fasten ist nicht nur Verzicht oder Lebensverneinung, sondern soll dazu führen, dass wir wieder bewusster essen und bewusster genießen können.

DOMRADIO.DE: Auf was verzichten Sie denn?

Grün: Jetzt eine Woche lang auf alles außer Wasser und Tee. Während der gesamten Fastenzeit auf Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten.

DOMRADIO.DE: Fasten soll aus Freude geschehen. Auch in der Bibel lesen wir davon: Jesus sagt zu seinen Jüngern, man solle es ihnen gar nicht ansehen, dass sie verzichten. Sie sollen kein trauriges Gesicht machen. Vielen Menschen ist es aber in der heutigen Zeit fremd. Wie kann man da ganz konkret einen Anfang finden?

Grün: Viele Menschen meinen, dass es nur beschwerlich ist. Wenn man die ersten zwei Tage überwunden hat, dann wird man innerlich freier und wacher. Ich habe jetzt gerade einen Fastenkurs gehalten, und die Teilnehmer gehen dann beglückt nach Hause, weil sie sich innerlich frei fühlen und sich das zuzutrauen. Wenn man es sich zutraut, dann merkt man, es tut einem gut. Einfach mal bewusst sechs Wochen trainieren, mal weniger essen. Man kann nicht das ganze Jahr diszipliniert leben, aber sechs Wochen als Trainingszeit, um dann Ostern intensiver zu feiern. Die Freude ist ganz wichtig. Wer sich mit Fasten bestraft, weil er zu viel gegessen hat, bei dem wirkt es nicht.

DOMRADIO.DE: Sie sind Bestsellerautor und schreiben immer wieder Bücher zum Thema Verzicht. Es besteht ein großes Interesse an der Ratgeberliteratur zum Thema. Wie erklären Sie sich das? Haben wir den ständigen Konsum im Wortsinn vielleicht auch satt?

Grün: Wenn man immer konsumiert, dann kann man es gar nicht mehr genießen. Selbst Sigmund Freud sagt: Wer nicht verzichten kann, kann nie ein starkes Ich entwickeln. Also Verzicht ist innere Freiheit. Ich kann noch selber bestimmen und werde nicht von meinen Bedürfnissen bestimmt.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 

Benediktinerpater Anselm Grün / © Harald Oppitz (KNA)
Benediktinerpater Anselm Grün / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR