DOMRADIO.DE: Im vergangenen Dezember haben Sie fast 30.000 Unterschriften von Frauen gesammelt, die den Wunsch haben, die Kirche zu erneuern. Diese Unterschriften konnten Sie mit 300 Frauen gestern Abend den Bischöfen in Lingen übergeben. Bei der Übergabe haben Sie auch etwas aufgesagt, was wie ein umgetextetes Glaubensbekenntnis klang, oder?
Prof. Agnes Wuckelt (Stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, kfd): Das ist es vielleicht auch. Es ist der Schluss einer Klageandacht, die wir gemacht haben. In diesem Gebet bitten wir um die Erneuerung der Kirche im Sinne des Evangeliums.
DOMRADIO.DE: Ursprünglich wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie Ihre Unterschriften an Bischof Bode übergeben können. Insgesamt waren es dann am Ende vier Geistliche, die diese Unterschriften entgegengenommen haben. Haben Sie sich mehr gewünscht?
Wuckelt: Es wäre natürlich schön gewesen, wenn es mehr gewesen wären. Es hatten sich noch weitere angemeldet, die dann am Ende nicht mehr dabei waren. Aber ich glaube, dass die Bischofskonferenz zum Ausdruck geben wollte, dass Bischof Bode und Weihbischof Schepers - die ja beide die Frauenkommission der Bischöfe leiten - die Ansprechpartner sind, sodass hier zumindest im Vordergrund stand: die für Frauen Zuständigen reden mit den Frauen.
DOMRADIO.DE: Hatten Sie denn die Möglichkeit, zu sagen, was Sie sich von den Bischöfen wünschen?
Wuckelt: Ja, wir haben natürlich noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Fragen zum Missbrauch und sexualisierter Gewalt glaubwürdig und umfassend aufgeklärt werden müssen und dass es Anlaufstellen und Missbrauchsbeauftragte und einen verantwortlichen Umgang mit Körperlichkeit und Sexualität geben muss. Das ist es, was auch die Bischöfe ja selber immer wieder sagen: Dass es um eine strukturelle Erneuerung geht.
DOMRADIO.DE: Und Sie wünschen sich mehr Partizipation als Frauen?
Wuckelt: Genau, diese strukturelle Veränderung geht an der Frauenfrage nicht vorbei. Das heißt, wir Frauen möchten nicht mehr nur beratend mitwirken, sondern auch mitentscheiden können. Wir möchten in allen Gremien gleichberechtigt vertreten sein und somit zu dieser Erneuerung der Kirche, von der auch Kardinal Marx gesprochen hat, beitragen.
DOMRADIO.DE: Die Bischöfe diskutieren in Lingen auch über etwas, was vor zehn oder 20 Jahren wohl undenkbar gewesen wäre: nämlich über Frauenförderung in Leitungspositionen. Ist das ein Anfang für Sie?
Wuckelt: Es ist ein kleiner zweiter Schritt. 2013 wurde zum ersten Mal darüber gesprochen und ein Fünfjahresplan entwickelt, wie Frauen in Leistungsämtern gefördert werden können und die Zahl erhöht werden könnte. Der Fünfjahresplan ist etwas gescheitert, muss man sagen. Von daher ist es ein Schrittchen.
Aber wir standen gestern Abend vor der Kirche und alle Bischöfe mussten an unserem großen Stapel von 30.000 Unterschriften vorbei marschieren. Wir waren mehr als 300 Frauen, die sagen: Wir sind hier und denkt daran, was wir seit Jahren fordern und was wir auch feststellen: Frauen machen Kirche und Frauen sind die Zukunft.
DOMRADIO.DE: Sie haben Kardinal Marx erwähnt, den Vorsitzenden der deutschen Bischöfe. Der hat schon gestern zum Auftakt gesagt, dass er sogar über eine Frauenquote nachdenkt, gegen die er früher immer war. Das ist soweit ein Eingeständnis. Es wird auf der Vollversammlung der Bischöfe aber nicht um Frauen in Weiheämtern gehen. Das hat er klargestellt. Haben Sie da etwas anderes erwartet?
Wuckelt: Nein, angesichts der jetzigen Situation in unserer Kirche nicht.
Das Interview führte Tobias Fricke.