Forderungen nach Gleichberechtigung zum "Equal Pay Day"

"Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit"

Frauen verdienen hierzulande im Schnitt gut ein Fünftel weniger als Männer. Sie haben oft schlechter bezahlte Jobs und treten für die Familie kürzer. Schluss mit der Ungleichbehandlung, fordert der katholische Frauenbund zum "Equal Pay Day".

Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit ist eine Forderung zum "Equal Pay Day" / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit ist eine Forderung zum "Equal Pay Day" / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Entwicklung zur Gleichbezahlung von Männern und Frauen stagniert in Deutschland. Der Sozialverband VdK zum Beispiel sagt, das sei ein skandalöser Befund. Würden Sie das so drastisch ausdrücken?

Marianne Bäumler (Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes): Das würde ich genauso teilen. Wenn man bisher noch nicht erkannt hat, dass die Arbeit der Frauen gleichwertig und gleich wichtig ist, dann ist das wirklich ein Skandal.

DOMRADIO.DE: Ein Großteil dieser Lohnlücke rühre daher, dass Frauen häufiger in Berufen tätig sind, die schlechter bezahlt werden, heißt es. Welche Berufe sind das denn?

Bäumler: Das sind natürlich Berufe, die im sozialen Bereich angesiedelt sind, also Pflegeberufe und auch Dienstleistungsberufe. Aber gerechte Löhne müssen sich an der Ausbildung, an den Aufgaben und der Leistung orientieren und nicht am Geschlecht.

DOMRADIO.DE: Könnte man auch sagen, dass Frauen selbst schuld sind und sich vielleicht den falschen Job aussuchen?

Bäumler: Das könnte man vielleicht auch sagen. Das finde ich aber eher zynisch. Es ist wirklich wichtig, dass man diese Gleichbezahlung nicht als Frauenthema, sondern als Thema, das uns alle angeht, begreift. Alle werden davon profitieren, wenn die Entlohnung, aber auch die Belastung für Frauen und Männer, gleich und gerecht verteilt ist.

DOMRADIO.DE: Man hat darüber hinaus auch oft den Eindruck, dass es Frauen in einem gewissen Alter schwerer haben, eine Festanstellung zu bekommen. Stichwort Kinder. Ist da etwas dran?

Bäumler: Da ist sicher etwas dran, denn in Deutschland zählt bei Bewerbungsgesprächen oder bei Auswahlgesprächen oft die Berufserfahrung. Wenn man seine berufliche Laufbahn wegen Kindererziehung oder Sorgearbeitet unterbrechen muss, weil nicht genug wohnortnahe oder entsprechend gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten vorhanden sind, dann ist das ein Problem. Dann kann man eben nicht die geforderte Berufserfahrung aufweisen. Aber man hat natürlich Erfahrung in anderen Bereichen, die genauso zählt. Die Verantwortung der Familie zu übernehmen, ist auch eine soziale Kompetenz, die man wertschätzen sollte.

DOMRADIO.DE: Jetzt gibt es viele Ideen, wie man vielleicht doch zu einer Lohngerechtigkeit kommen kann und wie man diese Problematik in den Griff bekommt. Transparenz der Gehälter ist da ein Thema. In Dänemark gibt es das schon. Da existiert ein Gesetz, das Lohntransparenz festschreibt. Auch in Deutschland gibt es das seit 2017. Ein Entgelt-Transparenzgesetz ist da in Kraft getreten. Forscher sagen, dann ändere sich etwas. Glauben Sie, das wird auch in Deutschland so sein?

Bäumler: Das glaube ich schon. Ich sehe das Entgelt-Transparenzgesetz tatsächlich als Meilenstein für die gleichwertige Arbeit oder eine gleiche Bewertung. Es ist ein gesellschaftspolitisches Signal. Wenn man nachfragen kann, was ein gleichwertiger oder ein Bewerber in gleicher Position an Gehalt erhält und man Auskunft bekommen muss, was durch das Entgelt-Transparenzgesetz endlich festgeschrieben wurde, dann wird das auch zu mehr Lohngerechtigkeit führen. Davon bin ich wirklich überzeugt.

Der einzige Kritikpunkt, den wir bisher haben, ist, dass dieses Entgelt-Transparenzgesetz nur für Betriebe ab mindestens 200 Mitarbeitern gilt. Davon sind dann wieder viele Branchen betroffen, in denen gerade viele Frauen arbeiten.

DOMRADIO.DE: Was fordern Sie konkret von den Handlungspartnern in Politik und Wirtschaft?

Bäumler: Grundsätzlich fordern wir gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Arbeit. Gleichwertige Arbeit heißt, wenn die Ausbildung, die Belastung und die Verantwortung gleichwertig sind, dann müsste auch die Bezahlung gleich sein.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR