Der Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaats West Virginia, Patrick Morrisey, erhebt schwere Vorwürfe gegen die katholische Kirche. In einer am Dienstag (Ortszeit) eingeleiteten Zivilklage wirft er der Diözese Wheeling-Charleston vor, wissentlich einen Missbrauchstäter in einer Grundschule eingestellt zu haben.
Zudem seien die Hintergrundüberprüfungen bei Seelsorgern und anderen Angestellten nicht gründlich genug gewesen.
Mit Personalpolitik gegen Verbraucherschutzrechte verstoßen
Das Bistum, das den gesamten Bundesstaat von West Virginia umfasst, habe mit seiner Personalpolitik gegen Verbraucherschutzrechte verstoßen, heißt es in der Klageschrift. Es habe Personen "in die Irre geführt, indem es behauptete, die Schulen seien sicher". Dabei sei zur gleichen Zeit Personal beschäftigt worden, gegen das glaubwürdige Missbrauchsvorwürfe vorgelegen hätten. Statt die Vorgänge aufzuklären, habe die Diözese obendrein alles getan, um sie zu vertuschen.
Die Vorwürfe richten sich gegen Bischof Michael Joseph Bransfield, der das Bistum von 2005 bis 2018 leitete, seine beiden verstorbenen Vorgänger sowie die Diözese Wheeling-Charleston selbst. Das Bistum betreibt 6 High Schools und 19 Grundschulen.
Der Klage zufolge versäumte es Bransfield, "angemessene Überprüfungen seiner Beschäftigten vorzunehmen". Der 75-Jährige, gegen den auch Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung Erwachsener und finanzieller Unregelmäßigkeiten vorliegen, darf derzeit keine priesterlichen oder bischöflichen Dienste ausüben.
In der aktuellen Klage geht es unter anderem um einen Priester, den die Diözese trotz eines bekannten Missbrauchsvergehens aus der Vergangenheit von 1998 bis 2001 in einer Grundschule von Wheeling beschäftigt haben soll. Der Geistliche hatte zuvor den Angaben zufolge eine Psychotherapie absolviert.
Generalstaatsanwalt Morrisey warf dem Bistum ein aus Verleugnung und Vertuschung bestehendes Verhaltensmuster vor. Die jetzige Klage, die sich auf Verbraucherschutzbestimmungen stütze, sei seines Wissens das erste derartige Verfahren in den USA gegen die katholische Kirche.
Das Gericht müsse die Kirche nun zu Transparenz im Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch zwingen, um die Allgemeinheit zu schützen.
Bistum widersprach Beschuldigungen umgehend
Das Bistum widersprach den Beschuldigungen umgehend. Die Kirche weise "entschieden den Vorwurf zurück, sich nicht vollständig dem Schutz von Kindern verpflichtet zu fühlen". Etliche der vorgelegten Anschuldigungen seien "ungenau". Die Diözese erklärte zudem, alle Beschäftigten und freiwilligen Helfer müssten sich einer Überprüfung unterziehen.
Der Theologe Chad Pecknold von der Catholic University of America in Washington bewertet den Vorgang als weiteren Rückschlag für die Kirche. Mit jedem neuen Vorwurf erhielten Gläubige einen weiteren Grund, der Kirche den Rücken zu kehren. Tatsächlich erwägt laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts Gallup mehr als ein Drittel der amerikanischen Katholiken, die Kirche zu verlassen.
In der Diözese Wheeling-Charleston hat man derweil ohnehin schon alle Hände voll zu tun, um mit den Vorkommnissen der Vergangenheit aufzuräumen. Im September hatte der Vatikan den Rückzug von Bischof Bransfield bekanntgegeben. Papst Franziskus ernannte Baltimores Erzbischof William Edward Lori zum Übergangsleiter - mit dem Auftrag, die Vorwürfe gegen den emeritierten Bischof zu untersuchen.
Die monatelangen Vorermittlungen führte Lori nach Angaben seiner Erzdiözese mit Hilfe eines Teams von fünf Laienexperten. Die Ergebnisse werden nun nach Rom geschickt.