Eine brennende Kathedrale – das Bild verbindet sich eher mit Mittelalter oder Krieg, nicht aber mit einer modernen Welt. Um so geschockter sind die Dombaumeister in Deutschland nach dem Brand von Notre-Dame in Paris. Sie verweisen aber auf zahlreiche Brandschutzmaßnahmen in ihren Kathedralen.
Für den Kölner Dombaumeister Peter Füssenich und seine Vorvorgängerin Barbara Schock-Werner ist klar: Ein solches Feuer-Inferno wie in Paris kann sich in der Stadt am Rhein nicht so schnell entwickeln – vor allem wegen des Dachstuhls aus Eisen. Nur relativ wenig Holz diene als Unterbau für die Bleiverkleidung, so Schock-Werner im ZDF.
Nahrung für das Feuer
Dagegen boten in Notre-Dame die Balken aus den berühmten 1.300 Eichen dem Feuer reichlich Nahrung. Vermutlich aus denkmalpflegerischen Gründen hätten die Franzosen ihren alten Dachstuhl nicht gedämmt. Vorteil in Köln seien auch die Leerrohre, über die sich Löschwasser leicht nach oben transportieren lasse.
Das Feuer in Paris erinnere ihn an einen Brand in Düsseldorf vor einigen Jahren, so Füssenich. Auf dem Dach von Sankt Peter habe sich nach Sanierungsarbeiten mit einem Gasbrenner eine Staubexplosion entwickelt. In der Folge habe sich ein Brand unglaublich schnell ausgebreitet. Bei Arbeiten in "einem alten, völlig knochentrockenen Holztragwerk" reichten ein paar Funken aus, erläutert der Trierer Bistumsarchitekt Josef Eltges. "Durch die Kaminwirkung und die vielen Holzverbindungen können Sie froh sein, wenn Sie da noch raus kommen." Er hatte die 2011 abgeschlossene Restaurierung der kleinen Trierer Schwester von Notre-Dame, der Liebfrauenkirche, geleitet.
Genug Löschwasser vorhanden
Trotz Eisenkonstruktion und Leerrohren bleibt für den Kölner Dom der Brandschutz laut Füssenich ein Dauerthema. Arbeiten am Dom würden nur unter Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt – "vor allem bei Löt- und Schweißarbeiten". So werde regelmäßig geübt, "wie wir im Brandfall unsere einzigartigen Kunstwerke mit speziellen Löschdecken sichern können".
Ähnliches gilt für die drei Dome in Regensburg, Passau und Bamberg, für deren Brandschutz Bayerns Bauministerium verantwortlich ist. Besonders brandgefährliche Tätigkeiten wie Schweißen würden nur mit besonderen Vorkehrungen erledigt; so müsse genug Löschwasser vorhanden sein. Einen hundertprozentigen Schutz könne es aber nicht geben, erklärt der Regensburger Dombaumeister Helmut Stuhlfelder.
"Bisher alles gut gegangen ist"
Vor einer "sehr, sehr großen" Gefahr beim Aachener Dom warnt der dortige Dombaumeister Helmut Maintz. Auch dieser Dom habe einen Dachstuhl aus Holz, sagt der Bauingenieur der "Rheinischen Post". Man müsse sehr "froh sein, dass bisher alles gut gegangen ist". Allerdings gebe es eine Sprinkleranlage.
Eine solche automatische Einrichtung nennt die Freiburger Münsterbaumeisterin Yvonne Faller "ein zweischneidiges Schwert". "Wenn die Sprinkleranlage durch eine Fehlschaltung ausgelöst wird, dringt Wasser ein und verursacht große Schäden", sagt sie der "Badischen Zeitung" (Online). Freiburg setzt daher wie Köln und andere Domkapitel auf Steigleitungen. Immer wieder kommt es auch beim Brandschutz zu Interessenskonflikten mit den Denkmalschützern. Ihnen passe es mitunter nicht, wie Fluchtwege ausgeschildert und ausgeleuchtet werden oder wo Feuerlöscher und -decken positioniert sind, berichtet ein Sprecher des Bistums Osnabrück.
Wiederaufbau in Paris
In Speyer setzen die Verantwortlichen neben Leerrohren auf eine moderne Brandmeldeanlage sowie Brandschutzvorhänge im Dachstuhl. Das Problem in Notre-Dame, dass das dort im Dach verbaute Blei ab 300 Grad geschmolzen und verbrannt ist, "haben wir mit unserem Kupferdach in Speyer zumindest nicht", sagte Domkustos Peter Schappert. Die erste Sorge gelte aber immer der Rettung von Menschen, verdeutlicht Dom-Techniker Günther Frey. "Dazu gibt es im Dom für jeden Teil des Gebäudes ein Rettungskonzept."
Derweil richten sich die Blicke auf einen Wiederaufbau in Paris. Schnelle Lösungen wird es aber nicht geben. Dem Radiosender SWR Aktuell sagt Füssenich: "Es wird sicher mehrere Jahre und Jahrzehnte andauern, bis der letzte Brandschaden behoben ist."