Von "massiven Verurteilungen und Beschimpfungen" berichtet der Berliner Erzbischof Heiner Koch nach einer Äußerung zu den "Fridays for Future"-Demonstrationen. Er hatte erklärt, die Schülerproteste erinnerten ihn "ein wenig an die biblische Szene vom Einzug Jesu in Jerusalem".
Wer dieser Sicht nicht folgen wolle, solle und dürfe sie kritisieren, sagte Koch nun der "Welt" (Donnerstag). Viele Kommentierungen verdienten das Wort "Kritik" jedoch nicht.
"Propheten sind keine Heilsfiguren"
In vielen Rückmeldungen sei es nicht um seine konkreten Äußerungen gegangen, sondern um den Klimawandel oder um eine allgemeine Kirchenkritik, nach der sich die Kirche nicht in die Politik einzumischen habe. Demokratie lebe aber "vom Zuhören, vom Lernen, vom Offensein, vom Wahrnehmen, was der andere eigentlich sagen will", sagte Koch. "Diese Bereitschaft vermisse ich."
Vorwürfe, dass er die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg mit der Bezeichnung "Prophetin" zu einer "Heilsfigur" erhoben habe, wies der Erzbischof zurück. "Propheten sind keine Heilsfiguren", sagte er.
Die biblischen Propheten seien "unbequeme Mahner, die aus einer tiefen Glaubensüberzeugung mit ihrem Leben für ihre Konsequenz und ihre Widerständigkeit bezahlt haben". Thunberg sei "keine Prophetin in diesem Sinn, aber sie steht für eine Botschaft, die ich für prophetisch halte, sie lautet: 'Wenn wir so weiterleben wie bisher, wird es mit der Bewahrung der Schöpfung schwierig werden.'"
"Auf Missstände und Fehlentwicklungen hinweisen"
Im rbb-Radio hatte Koch am vergangenen Wochenende erklärt, er wolle Thunberg nicht "zu einem weiblichen Messias zu machen, indem ich sie mit Jesus von Nazareth vergleiche". Gesellschaft und Kirchen bräuchten aber auch heute echte Propheten, "die auf Missstände und Fehlentwicklungen hinweisen und die Lösungswege vorschlagen - auch wenn diese nicht auf ungeteilte Zustimmung aller stoßen, oder wenn die beschrittenen Wege, etwa das Schuleschwänzen, höchst zwiespältig zu bewerten sind".