DOMRADIO.DE: Sie haben bis vor Kurzem noch zu dritt in einer Wohngemeinschaft gelebt. Inzwischen sind Sie alleine. Was ist passiert?
Bruder Markus Fuhrmann (Franziskanermönch und Obdachlosenseelsorger im Erzbistum Köln): Wir waren eigentlich eine ganz muntere Gemeinschaft. Einer unserer Brüder wurde dann überraschend in die Generalleitung unseres Ordens in Rom nachgewählt. Da ist jemand ausgefallen und es wurde jemand aus Mitteleuropa gesucht. Das war dann Bruder Jürgen. Das hat uns natürlich auch gefreut, denn es ist auch eine große Ehre.
Mein zweiter Mitbruder, Bruder Marie-Pascal, kommt aus dem Kongo und hat seine Studien an der Universität Bonn beendet und damit auch seine Tätigkeit als Kaplan in Köln-West bei Pfarrer Fey. Er ist dann regulär wieder in den Kongo zurückgekehrt.
DOMRADIO.DE: Gab es denn keine Überlegungen für eine Nachbesetzung?
Bruder Markus: Jetzt könnte man sagen, dass man einfach wieder nachbesetzt, damit ich nicht so alleine bin. Da muss man allerdings den Zusammenhang betrachten. Es war so, dass wir in den letzten zwei Jahren als deutsche Franziskanerprovinz einen Zukunftsprozess namens "Projekt Emmaus" begleitet haben, wo alle Brüder angesichts der Nachwuchsprobleme eingeladen waren miteinander zu überlegen, wo wir unsere inhaltlichen Schwerpunkte legen wollen.
Da geht es zum einen um das inhaltliche Profil und wo da unsere Schwerpunkte sind. Zum anderen behandeln wir die Frage, an welchen Orten wir wirklich bleiben und da dann auch personell investieren wollen. Dabei ist eine Liste von zwölf Häusern herausgekommen - und auf der steht Köln leider nicht.
DOMRADIO.DE: Ihre Wohnsituation war beziehungsweise ist anders, als man sich das bei den Franziskanern vorstellt. Sie wohnen in einem ganz normalen Mietshaus. Sie sind mitten unter den Menschen, auch mitten in einem sozialen Brennpunkt. Wie lässt sich das Leben dort am besten beschreiben?
Bruder Markus: Die Wohnung haben wir der St. Theodor und St. Elisabeth Pfarrei und Pfarrer Franz Meurer zu verdanken. Es ist ein ganz normales Mietshaus. Es gehört der Pfarrei und dort sind eigentlich Dienstwohnungen drin.
Es ist ein multikulturell geprägtes Leben dort, in einer sehr aktiven Gemeinde mit viel ehrenamtlichem Engagement. Parallel dazu ist es aber auch ein Leben in einer Welt, die auch türkisch beziehungsweise muslimisch geprägt ist. In der war mein Bruder Jürgen sehr engagiert und fast zu Hause. Der ist Islamwissenschaftler und interkultureller Pädagoge und hat sich da in der Jugendarbeit sehr engagiert, sodass wir in verschiedensten Welten zu Hause waren: Also zum einen in der Pfarrei sowie vor allem in der Würzburger Straße mit dem Jugendtreff Vingst, den Bruder Jürgen ins Leben gerufen hat und darüber hinaus im Stadtgebiet durch die Obdachlosenseelsorge, wofür ich dann einstehe.
DOMRADIO.DE: Was wird jetzt daraus?
Bruder Markus: Die wichtigste Botschaft an alle: Die Wohnungslosenseelsorge geht weiter. Das ist auch ein Herzensanliegen des Erzbistums bis hoch zum Kardinal. Insofern freue ich mich auch, dass wir jetzt nach dem tragischen, frühen Tod von Schwester Franziska im letzten Jahr mit Schwester Christina von den Olper Franziskanerinnen auch eine Nachfolgerin für den weiblichen Part in der Obdachlosenseelsorge gefunden haben. Das Erzbistum ist auch schon intensiv auf der Suche nach einem Nachfolger für mich.
DOMRADIO.DE: Wie geht es denn für Sie persönlich weiter?
Bruder Markus: Ich weiß es nicht so ganz genau. Das hängt von verschiedenen Dingen ab. Wir haben jetzt im März den ersten Teil des Provinzkapitels (Versammlung, bei der über die Belange einer einzelnen Ordensprovinz verhandelt wird, Anm. d. Red.) gehabt. Beim zweiten Teil im Juni bei Osnabrück finden auch Wahlen statt. Da wählen wir dann die neue Provinzleitung. Im Anschluss findet dann der sogenannte Kapitelskongress statt, wo die Häuser in Absprache mit den Brüdern quasi neu besetzt oder umbesetzt werden. Da gibt es ein paar Ideen für mich. Aber da ist noch ganz viel offen. Letztendlich weiß ich es nicht. Es ist wirklich spannend.
DOMRADIO.DE: Wie schwer wird es Ihnen fallen, nach so vielen Jahren die Domstadt Köln zu verlassen?
Bruder Markus: Köln ist ja ein Gefühl. Das ist natürlich tragisch. Es gibt ja fast keinen attraktiveren Ort.
Vor allem verbinde ich die Zeit in Köln jetzt mit ganz vielen Menschen und ihren Geschichten - vor allem mit den Menschen auf der Straße, die ich kennenlernen durfte und von denen ich auch ganz viel gelernt habe.
Ganz wichtig ist aber auch, dass ich noch nicht im Abschiedsmodus bin. Ich bin bis Ende August noch da und vielleicht zum Teil auch im September. Und ich möchte jetzt erst einmal auch wirklich noch da sein. Ich nehme dann aber sehr vieles im Gepäck mit und ich glaube das war auf alle Fälle eine sehr gute Zeit in Köln - und dafür bin ich dankbar.
Das Interview führte Carsten Döpp.