"Maria, Maienkönigin, dich will der Mai begrüßen", heißt es in einem der beliebten und bekannten Marienlieder, die man oft während des "Wonnemonats" singt. Maiandachten prägen diesen Monat. Gerne und häufig versammelt man sich, um vor dem aufwendig geschmückten Marienaltar zu beten und zu singen.
Es ist interessant, dass der Brauch, im Monat Mai besonders die Gottesmutter Maria zu ehren, schon sehr alt ist. Eigentlich hat man in frühchristlicher Zeit den Mai genutzt, um für eine gute Ernte zu beten. Er ist eben jener Frühlingsmonat, in dem die Saat auf die Felder ausgebracht wird und man spürt, dass die Natur nach und nach wieder aufblüht. Bis heute betet man in den Bitttagen vor Christi Himmelfahrt um gutes Wetter; Flurumgänge sind ein Ausdruck dafür, dass wir Gott für die Schöpfung danken und sie seiner Güte anvertrauen.
Die "schönste Blume Gottes"
Dennoch ist diese Sorge um die Schöpfung im Mai zugunsten der Gottesmutter Maria in den Hintergrund getreten. Dies ist besonders im 19. Jahrhunderts geschehen, in dem die Maiandachten, die schon in der Barockzeit entstanden waren, und die marianische Volksfrömmigkeit auch in Deutschland einen Aufschwung erlebten. Gerade die Blütenpracht des Mai lenkte den Blick auf Maria, die "schönste Blume Gottes" (Alois Albrecht) und macht deutlich, dass mit Maria die neue Schöpfung ihren Anfang genommen hat.
In manchen Gegenden ist es noch heute üblich, auch zuhause einen Maialtar aufzubauen. Eine Statue der Gottesmutter wird an einem besonderen Ort aufgestellt und mit allerlei Blumen geschmückt. Meist zieren einen solchen Maialtar Birkenzweige, Tulpen und Lilien. Da dieses Brauchtum vielerorts in Vergessenheit geraten ist, wird zumindest der Marienaltar in den Kirchen im Mai mit einem üppigen Blumenschmuck geehrt.
Gerade um die Zeit des Ersten Vatikanischen Konzils (1869-1870) erlebte die Verehrung der "Maienkönigin" einen Aufschwung. Dies hängt möglicherweise mit der Konzentration auf das Papstamt und dessen Unfehlbarkeit zusammen, die auf dem ersten Vaticanum einen Höhepunkt erreichte. Während hier theologische Ideen dominierten, die vor allem den Papst und die Kirche im Blick hatten, galt die aufkommende Marienfrömmigkeit den einfachen Gläubigen.
Kehrseite der hohen Theologie
Maria wurde als die Frau aus dem Volk verehrt, die sich auf Gottes Plan einlässt und ihm ihr Ja zuspricht. Gerade die Maiandachten, die eher von einem romantischen Zug geprägt waren, sprachen die Gefühle der Gläubigen an und bildeten die Kehrseite der hohen Theologie, wie sie in Rom betrieben wurde. Während der Papst in immer größere Distanz zu den Gläubigen rückte, fanden die Menschen in Maria eine Gleichgesinnte: Da sie selbst nur ein einfaches Mädchen aus dem Volk war, konnten sich viele Menschen sehr leicht mit ihr identifizieren. Aufgrund dieses geschichtlichen Kontextes mag es nur verständlich sein, warum gerade die Maiandachten in dieser Zeit einen so großen Zulauf erhielten.
Es ist übrigens gar nichts Ungewöhnliches, dass wir einen Monat oder eine bestimmte Zeit im Jahr mit einem Heiligen verbinden: Sehr alt ist der Brauch des "Mariendreißigers" vom 15. August bis zum 14. September; der Juni ist besonders der Verehrung des Herzen Jesu gewidmet, der Monat der Engel ist der September, Mai und Oktober sind Marienmonate.
Wenn sich die Gläubigen im Mai versammeln, um miteinander in Maiandachten auf Maria zu schauen, dann ist das mehr als ein Ausdruck der Volksfrömmigkeit. Denn Maria zeigt uns, wie ein gutes christliches Leben gelingen kann. Von ihr können wir lernen, was es heißt, unser Leben Gott anzuvertrauen und auf Christus zu hören. Zusammen mit Maria schauen wir auf ihren Sohn, zusammen mit ihr glauben wir an Gottes unverbrüchliche Liebe, die er uns zuhöchst in Christus erwiesen hat. Maria ist uns ein Vorbild im Glauben. Sie ist die erste, die geglaubt und sich ganz und gar Gottes Heilsplan anvertraut hat. Deshalb können wir auf sie blicken und von ihr lernen, was es heißt, ein christliches Leben zu gestalten.