Die frühere Zisterzienserabtei Maulbronn hat nach Worten von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wichtige Impulse für Europa gesetzt. "Die Zisterzienser schufen ein europaweites Netzwerk an Kultur, Technik und Wissen", sagte Kretschmann am Sonntag in Maulbronn.
Er äußerte sich zur Aufnahme der Klosteranlage in die Weltkulturerbeliste der Unesco vor 25 Jahren. Innerhalb weniger Jahrzehnte sei das Kloster zu einer Wirtschafts- und Kulturmacht aufgestiegen und habe viele europäische Länder vernetzt.
Zisterziener verknüpften Heimat und Europa
Maulbronn gilt als eine der größten und als besterhaltene mittelalterliche Klosteranlage nördlich der Alpen. Die Geschichte der Zisterzienser zeige, dass Innovation und Nachhaltigkeit sowie Heimat und Europa gut zusammen funktionierten, sagte der Ministerpräsident.
Mit neuen Bewässerungssystemen oder der doppelten Buchführung hätten die Mönche wichtige Impulse gesetzt.
Mit Blick auf die Europawahl bezeichnete Kretschmann Nationalismus als "Rezept, das in der Vergangenheit unermessliches Leid über Europa gebracht hat". Europa sei die "beste politische Idee" für Deutschland und viel mehr als eine Wirtschaftsgemeinschaft.
Die Stadt feiert das Weltkulturerbe mit einem Fest. Ausstellungen informieren über Bautechniken, das Leben der Mönche im Mittelalter und die Bedeutung des Ortes für die Literatur. Zudem gibt es Führungen zur Klosterorgel, verborgenen Räumen in der Klosteranlage oder den ehemaligen Gärten der Mönche. Die Feierlichkeiten starteten am Morgen mit einem Gottesdienst.
Keppler, Hesse und Hölderlin lernten in Maulbronn
Die strategisch äußerst gut gelegene Klosteranlage am Rande des Schwarzwalds entwickelte sich zum wichtigen Zentrum der Region. Die Schutzherren der Abtei wechselten im Laufe der Jahrhunderte mehrfach. Im Zuge der Reformation wurde das Herzogtum Württemberg protestantisch, das Kloster wurde aufgelöst. Ab 1556 diente es als Schule - unter anderen für den Astronomen Johannes Kepler sowie für die Schriftsteller Friedrich Hölderlin und Hermann Hesse.
Letzterer verarbeitete seine Eindrücke aus dem Schulalltag in den Büchern "Unterm Rad", "Narziß und Goldmund" sowie im "Glasperlenspiel". 1807 wurde die Schule in ein evangelisch-theologisches Seminar umgewandelt, aus dem später das bis heute bestehende Gymnasium entstand.
Heute gehört die Anlage fast vollständig dem Land Baden-Württemberg, die Stadt Maulbronn hat auf dem Areal ihr Rathaus. Wegen der unterschiedlichen und über Jahrhunderte dauernden Bauphasen vereinigt Maulbronn alle architektonischen Stilrichtungen von der Romanik bis zur Spätgotik. 1982 wurde das Kloster auf einer Briefmarke abgebildet und ist seit 2013 auch das Motiv einer Zwei-Euro-Münze.
Unklar ist, ob die schwäbische Maultasche auf das Kloster verweist. Nach einer Legende umgingen Mönche das Fleischverbot durch die Ummantelung mit Nudelteig - so entstanden "Herrgottsbscheißerle".