Der Beauftragte der Bundesregierung für die weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), war am Mittwoch zu Gast im Vatikan. Er führte dort Arbeitsgespräche mit dem vatikanischen Staatssekretariat und der Kongregation für die Ostkirchen. Während der Generalaudienz auf dem Petersplatz kam es auch zu einem kurzen Treffen mit Papst Franziskus.
DOMRADIO.DE: Wenn ich über das Thema Religionsfreiheit nachdenke, dann kommen mir Länder wie Syrien, der Irak und Afghanistan in den Kopf. Das letzte, woran ich denken würde, sind der Vatikan und die katholische Kirche. Warum passt das trotzdem zusammen?
Markus Grübel (Beauftragter der Bundesregierung für Religionsfreiheit): Weil Religionsfreiheit für die katholische Kirche ein wichtiges Anliegen ist. Der Papst und die katholische Kirche sind gut vernetzt sind in der Welt. Darum haben sie auch gute Informationen über die Lage der Menschenrechte und der Religionsfreiheit in den verschiedenen Ländern.
DOMRADIO.DE: Sie sind gestern am Rande der Generalaudienz auch mit Papst Franziskus zusammengetroffen. Das sind immer relativ kurze Begegnungen. Wie ist das abgelaufen?
Grübel: Ich war zusammen mit meiner Kölner Kollegin Gisela Mandala bei der Audienz und konnte auch kurz mit dem Papst sprechen. Ich habe mich als Beauftragter der deutschen Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit vorgestellt. Dann habe ich ihm ganz kurz von meiner Arbeit erzählt und ihm ganz besonders für seinen Dialog mit den Muslimen gedankt – auch für seine Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate, die ein wichtiges Zeichen für den Dialog mit den Muslimen war.
Der Papst hat dann gesagt: "Gott segne Sie und Ihre Arbeit". Und: "Beten Sie für mich."
DOMRADIO.DE: Das Treffen auf dem Petersplatz hat eher symbolischen Charakter. Wichtiger sind die Gespräche, die Sie hinter den Kulissen, unter anderem im vatikanischen Staatssekretariat geführt haben. Sind der Vatikan und die Bundesregierung beim Thema Religionsfreiheit auf derselben Linie?
Grübel: Grundsätzlich ja. Ich habe verschiedene Gespräche mit dem Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog geführt. Da ging es um den Dialog mit dem Islam. Auch die Erklärungen von Abu Dhabi zur Brüderlichkeit waren Thema, ebenso wie die Rolle des Papstes als Brückenbauer zum Islam. Es ging auch auch um das Spannungsverhältnis zwischen Dialog einerseits und Mission andererseits, also von seinem Glauben und seiner Hoffnung Zeugnis zu geben. Wir haben uns auch über islamische Theologie unterhalten.
Ein ganz anderes Gespräch fand dann im Staatssekretariat statt. Dabei ging es sehr stark um die Situation der Christen und anderer Religionsgemeinschaften in China – auch um die vorläufige Vereinbarung des Vatikans mit China. Der Vatikan möchte die Spaltung der katholischen Kirche, ein Schisma in China, verhindern. Es geht dabei um die Spaltung in eine staatstreue Kirche und eine romtreue Kirche.
Schließlich habe ich mich auch bei der Kongregation für die orientalischen Kirchen informiert. Wir tun als Bundesrepublik Deutschland und im Entwicklungsministerium viel für den Nordirak. Gemeinsam ist uns die Sorge um das Überleben der orientalischen Christen: Wie können sie dort leben? Können sie zurückkehren? Gibt es im Irak, in Syrien, in der ganzen Region, künftig noch christliches Leben?
Die Kirche hat zum Beispiel in Syrien sehr gute Kontakte. Wir als Bundesrepublik Deutschland tun uns da schwer, offizielle Verbindungen zu pflegen oder auch ins Land zu reisen und uns zu informieren. Da war der Informationsaustausch sehr wertvoll.
DOMRADIO.DE: Gerade wenn es um die Christen in der arabischen Welt geht: Kann man da eine Zusammenarbeit von Vatikan und Bundesregierung erwarten?
Grübel: Ja, der Vatikan kann uns Informationen zur Lage der Christen geben – vor allem in Syrien. Im Irak sind wir selber vertreten. Ich habe den Vatikan auch über die Maßnahmen informiert, die die Bundesregierung durchführt und darüber, wie wir die Entwicklungszusammenarbeit mit dem Thema Religionsfreiheit verknüpfen. Wir wollen, dass in einer Region, die unsägliches Leid erfahren hat, künftig wieder ein friedliches Miteinander möglich ist.
Auch die Frage der Sicherheit der Christen, aber auch die der anderen religiösen und ethnischen Minderheiten, die Frage der wirtschaftlichen Lebensgrundlage spielen eine Rolle – auch die Frage, wie es zu einer Aussöhnung, zu einem Versöhnungsprozess kommen kann. Denken Sie an Ruanda oder an Jugoslawien. Wie kann es zu einer Bestrafung der Haupttäter kommen, die für eine solche Versöhnung wichtig ist? Der Irak ist kein Staat des Romstatuts. Dort kann also kein internationaler Gerichtshof tätig werden. Über solche Fragen haben wir uns ausgetauscht und uns gegenseitig informiert.
DOMRADIO.DE: Gibt es denn an irgendeiner Stelle Reibungspunkte, an denen Sie sich mehr Engagement vom Vatikan erwarten würden?
Grübel: Natürlich arbeitet ein Staat anders als die katholische Kirche, die ja bis in die letzte Gemeinde hinein in einem Land vertreten ist. Dadurch hat sie auch ganz andere Informationen, als ein Staat wie die Bundesrepublik Deutschland haben kann. Es gibt auch unterschiedliche Ansätze: Wir finanzieren zum Beispiel keine Priester, so wie der Vatikan es tut.
Was aber eine wichtige Aufgabe ist: Ich habe einen Erzbischof im Irak gefragt, warum in einer Gemeinde wieder Leben entstanden ist, die Menschen dorthin zurückgekehrt sind und sich in einer anderen Gemeinde gar nichts bewegt. Er sagte mir, der Priester sei nicht in die Gemeinde zurückgekommen. Da habe ich den Vatikan gefragt, ob es da Möglichkeiten gibt, zu helfen. Sie haben mir ein Programm vorgestellt, wie sie Priester finanziell unterstützen – mit rund 150 Dollar im Monat. So haben die Geistlichen eine Lebensgrundlage und können wieder in ihren Gemeinden arbeiten.
Ich glaube, so ergänzt sich die Arbeit der katholischen Kirche, die Arbeit Roms und die Arbeit der Bundesregierung und unseres Entwicklungsministeriums zum Thema Religionsfreiheit.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch