Vorrang für das Kindeswohl - auch in der Verfassung?

Am Internationalen Kindertag: Appell für Kinderrechte

Der Internationale Kindertag ist traditionell ein Tag für hehre Worte und eindringliche Appelle. Diesmal gibt es außerdem den konkreten Vorstoß, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Bisher wurde das immer abgelehnt.

Mann mit zwei Kindern / © Peter Kneffel (dpa)
Mann mit zwei Kindern / © Peter Kneffel ( dpa )

Am Internationalen Kindertag haben sich Politiker, Hilfsorganisationen und Kirchenvertreter für mehr Kinderrechte eingesetzt. Dabei ging es auch um die Verankerung der Rechte im Grundgesetz, worüber der Bundestag in der kommenden Woche beraten soll. Zugleich wurde bekannt, dass trotz eines leichten Rückgangs weiterhin fast zwei Millionen Kinder in Deutschland von Hartz IV leben.

Der Deutsche Kinderschutzbund stellte sich hinter den Vorstoß der Grünen für eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. Es sei bitter, dass alle bisherigen Anträge abgelehnt wurden, sagte Präsident Heinz Hilgers bei heute.de.

Kinderschutzbund: Kinderrechte ins Grundgesetz

Zugleich wies er den Vorwurf zurück, das Elternrecht würde durch die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung geschwächt: "Das stimmt nicht. Denn in Wahrheit sind Kinderrechte eine große Stärkung für die Eltern, da sie die Pflege der Kinder nicht nur als Recht, sondern auch als Pflicht haben." Der Staat wäre dann verpflichtet, kindgerechte Lebensbedingungen zu schaffen, weil er verpflichtet wäre, dem Kindeswohl Vorrang zu gewährleisten.

Mittlerweile gebe es in fast allen Bundesländern Kinderrechte in den Landesverfassungen, ergänzte Hilgers: "Jetzt sollen sich endlich der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit zu den Kinderrechten bekennen. Das ist einer Demokratie würdig. Und das gibt den Kindern die Menschenwürde, die sie in unserem Land brauchen."

Grüne haben Gesetzentwurf vorgelegt

Die Grünen wollen kommende Woche im Bundestag einen konkreten Vorstoß zur Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz unternehmen. Demnach soll Artikel 6, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt, auf "Kinder, Ehe und Familie" erweitert werden. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt.

Im zweiten Absatz des Grundgesetzartikels, der sich mit Pflege und Erziehung der Kinder befasst, soll nach dem Willen der Grünen die "Achtung ihrer Persönlichkeit und ihrer wachsenden Selbstständigkeit" eingefügt werden. Zudem will die Fraktion ein ausdrückliches Recht auf Förderung der Entwicklung in der Verfassung verankern. Bei Angelegenheiten, die Kinder betreffen, sollen diese beteiligt werden.

Caritas: Bessere Bildung gegen Kinderarmut

Die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz ist umstritten. Kritiker wie der Familienbund der Katholiken halten die Verankerung für überflüssig. Sie argumentieren, dass Kinder bereits jetzt durch das Grundgesetz geschützt seien. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist der Schritt vereinbart.

Die Caritas rief anlässlich des Kindertags dazu auf, Kinderarmut mit besserer Bildung zu bekämpfen. "Kinder brauchen Halt, Geborgenheit und ein stabiles Umfeld für eine gute Entwicklung", schrieb der katholische Sozialverband auf Twitter: "Kinder, die materielle Not erleiden, starten oft weit hinter der Startlinie ins Leben." Deshalb sei der Einsatz für eine bessere Bildung so wichtig.

Franziskus: Kinder die Liebe Jesu entdecken lassen

Papst Franziskus verwies in seiner Botschaft auf Twitter vor allem auf die religiöse Bildung der Kinder und schrieb: "Liebe Eltern, helft euren Kindern, die Liebe Jesu zu entdecken! Das wird sie stark und mutig machen."

Nach neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der von Hartz-IV-Leistungen lebenden Kinder in Deutschland leicht zurückgegangen, liegt aber weiter bei fast zwei Millionen. Das berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland aus einer Auswertung der Linken-Bundestagsfraktion.

Vor allem Kinder von Alleinerziehenden von Armut betroffen

Ende 2018 lebten demnach rund 1,95 Millionen unter 18-jährige Kinder in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften. Das sei ein Rückgang von 3,7 Prozent im Vergleich zu Ende 2017. Damals hatte die Zahl der Kinder, die von Hartz IV lebten, noch bei 2,037 Millionen gelegen.

Besonders stark betroffen seien Kinder von Alleinerziehenden. Ende 2018 gab es den Angaben zufolge 886.823 Kinder, die Hartz-IV- Leistungen bekamen und in einem Haushalt mit einem Elternteil lebten. Deutschlandweit habe der Anteil der Kinder unter 18 Jahren, die staatliche Unterstützung erhielten, bei 14,4 Prozent gelegen. In Westdeutschland waren es demnach 13,5 Prozent, in Ostdeutschland 18,4 Prozent.


Quelle:
KNA