DOMRADIO.DE: Pfarrer Hilus, Sie planen trotz der Bekanntgabe von Missbrauchsverdachtsfällen gegen drei Brüder der Gemeinschaft von Taize in den Sommerferien eine Fahrt dorthin - zusammen mit einer Gruppe junger Leute aus Köln. Fahren Sie hin, weil es ein falsches Zeichen wäre, nicht hinzufahren?
Pfarrer Matthäus Hilus (Stadtjugendseelsorger in Köln und als Kreisjugendseelsorger im Rhein-Erft-Kreis): Zuerst einmal muss ich sagen, dass das, was durch die Veröffentlichung seitens der Gemeinschaft von Taize publik geworden ist, erschütternd ist. Aber wir fahren nach Taize, weil dort unglaublich viel Gutes für und mit jungen Menschen passiert.
Ich hatte bei meinen Aufenthalten in Taize immer ein vertrauensvolles Gefühl den Brüdern gegenüber. Ich habe dort auch eine große Transparenz gesehen, wie man mit dem Schutz von Jugendlichen und jungen Erwachsenen umgeht.
DOMRADIO.DE: Wie ist das denn dann für Sie zu hören, dass es vielleicht auch in der Zeit als Sie mal da waren, tatsächlich Fälle von Missbrauch seitens dreier Brüder gegeben hat?
Hilus: Es ist natürlich erschütternd. Es ist etwas, was schmerzt. Mir hilft aber schon die offensive Art und Weise, wie Taize damit umgeht. Sie sind sehr offensiv an die Presse gegangen. Die französische Bischofskonferenz hat, glaube ich, sogar gesagt, es sei der einzige Orden, der von sich aus alles geöffnet hat.
Mir hilft auch, dass ich die handelnden Personen dort bereits gut kenne und auch Vertrauen zu ihnen habe, sei es zu Frere Alois und zu Frere Timothee, der die deutschsprachigen Pilger betreut. Gut fand ich auch, dass wir, die wir uns in Taize engagieren, per E-Mail direkt informiert worden sind.
DOMRADIO.DE: Julius Giesler, wenn Sie auch schon häufiger in Taize waren, dann werden Sie die Brüder dort auch kennen. Gibt es für Sie auch dieses Urvertrauen zu den Brüdern?
Julius Giesler (Taize-Fahrt-Teilnehmer): Ja. Schon allein dadurch, dass man gemeinsam mit den Brüdern betet. Man lernt die Brüder in der Bibel-Einführung, die man dort vor Ort hat, und auch in der gemeinsamen Arbeit, die man dort verrichtet, kennen.
Es ist schon so, dass man die Brüder als Menschen wahrnimmt, die eine ganz gewisse Ausstrahlung haben. Sie machen auch ganz viel von dem aus, was Taize für mich persönlich ist. Aber das kenne ich auch von vielen anderen. Und da ist schon sehr viel Vertrauen mit im Spiel.
DOMRADIO.DE: Die Brüder sitzen bei den Gottesdiensten zusammen mit den Jugendlichen auf dem Boden. Man hat das Gefühl, Hierarchien seien fast ausgehebelt. Haben Sie eine Erklärung, wie da trotzdem so etwas passieren kann?
Giesler: Natürlich liegen die Fälle lange zurück. Es geschah wohl in den 1950er bis 1980er Jahren. Ich glaube, damals war Taize noch anders organisiert als es heute der Fall ist. Ich kann mir vorstellen, dass da vielleicht auch viele Situationen im "Eins zu eins Kontakt" entstanden sind.
Heute würde ich das deutlich anders sehen, weil die Organisation so transparent ist, dass ich das Gefühl habe, da ist schon viel präventive Arbeit geleistet worden.
DOMRADIO.DE: Sie machen auch selbst Musik in Taize. Der Glaube wird da wirklich hörbar. Was bedeutet Ihnen das, da Musik zu machen?
Giesler: Das ist für mich immer ein großes Geschenk. Wir haben in Taize immer die Chance, mit jungen Menschen aus der ganzen Welt zusammen Musik zu machen. Das erlebt man nicht so häufig. Dass man dann gemeinsam die Gesänge gestaltet, gemeinsam Musik macht und die Gebete begleitet, ist einfach etwas sehr besonderes. Das ist für viele etwas sehr bedeutendes und etwas, was Taize ausmacht. Und das mitzugestalten, ist eine große Ehre und auch ein Geschenk.
DOMRADIO.DE: Pfarrer Hilus, wenn sich jetzt Menschen angesprochen fühlen, mit Ihnen und der Gruppe mit nach Taize zu fahren, sind denn überhaupt noch Plätze frei?
Hilus: Wir fahren vom 4. bis zum 11. August nach Taize und haben tatsächlich noch Plätze frei. Das heißt, falls noch Kurzentschlossene Lust haben mitzufahren, kann man sich gerne auf www.crux-koeln.de oder www.taize-koeln.de anmelden.
Das Interview führte Verena Tröster.