DOMRADIO.DE: Heute geht die Pfingstaktion zu Ende, die in diesem Jahr unter dem Motto "Lernen ist Leben" stand. Warum das Motto "Lernen ist Leben"?
Pfarrer Christian Hartl (Renovabis-Hauptgeschäftsführer): Renovabis wurde ja vor 25 Jahren gegründet und wir hatten immer drei Schwerpunkte: pastorales Leben, soziale Arbeit und eben auch Bildungsarbeit. Und diesen Bildungsaspekt wollten wir in diesem Jahr besonders ins Licht rücken. Damit deutlich wird, dass viel getan werden muss für die junge Generation – denn sie sind die Zukunft.
DOMRADIO.DE: Schon am Samstag hat es ja in Kamen ein großes Jugendtreffen gegeben zwischen Menschen und aus Mittel- und Osteuropa und auch aus Deutschland. Was erwarten denn diese Jugendlichen eigentlich von der Kirche?
Hartl: Das Wichtigste ist zunächst einmal die Begegnung. Das war sehr schön. Da waren Jugendliche aus unterschiedlichsten Ländern, die zum Teil schon länger miteinander in Kontakt stehen und die einander begegnet sind. Und es sind deutsche Jugendliche dazugekommen und haben sich erkundigt: "Wie ist die Situation bei euch?" Es ist wichtig, dass wir einfach mehr umeinander wissen. Ich glaube, das ist auch das Erste, was die Jugendlichen erwarten, dass wir uns für einander interessieren und eine Gemeinschaft bilden.
DOMRADIO.DE: Nach drei Wochen ist die Pfingstaktion zu Ende. Wie ist die Bilanz?
Hartl: Das können wir eigentlich noch nicht sagen, eine Bilanz zeigt sich natürlich erst, wenn dann die korrekten Ergebnisse genannt werden können, oder wenn wir die Rückmeldungen bekommen aus den Vereinen, welche Aktionen gestartet werden konnten. Aber singulär bekommen wir natürlich immer wieder Rückmeldungen, dass uns einzelne erzählen, was bei ihnen gelaufen ist.
Was uns sehr wichtig ist, ist auch, dass die Pfingstnovene gemeinsam gebetet worden ist, also, dass auch eine Gemeinschaft im Gebet in dieser Zeit spürbar war. Die ist ja dieses Jahr von einem ungarischen Theologen formuliert worden und wir hatten sie erstmals auch in Ungarn verbreitet. Wir haben sie auch ins Englische übersetzt, sodass in vielen Partnerländern mitgeredet werden konnte.
DOMRADIO.DE: Die Kollekte in allen katholischen Kirchen Deutschlands vom Pfingstsonntag kommt Projekten von Renovabis zugute. Wie wollen Sie die einsetzen, haben Sie ein Beispiel?
Hartl: Ein Projekt, das mit sehr am Herzen liegt, das finde ich wirklich großartig, das sind die Europaschulen in Bosnien-Herzegowina. Dort sind im Lauf der letzten Jahre Europaschulen entstanden. Wir müssen uns vor Augen führen, dass in Bosnien-Herzegowina verschiedene Religionen und Nationen aufeinandertreffen. Wir haben einerseits die Kroaten, die katholisch sind, wir haben die Serben, die orthodox sind und wir haben die Bosnier, die Muslime sind. Die Wunden der militärischen Auseinandersetzungen sind immer noch sehr spürbar. Aber in diesen Schulen für Europa sind Kinder aus diesen unterschiedlichen nationalen Prägungen und religiösen Zugehörigkeiten beieinander. Sie lernen miteinander, sie teilen das Leben und insofern wächst etwas zusammen, was lange getrennt war.
DOMRADIO.DE: Das passt ja auch wieder zu ihrem Motto „Lernen ist Leben“. Ist das auch eine der großen Herausforderungen, der sich die Kirche stellt – auch für ein vereintes Europa lernen zu lassen.
Hartl: Ja, man kann das in ganz unterschiedlicher Weise interpretieren. Selbstverständlich, wir wollen Schulen und Bildungseinrichtungen fördern. Wir wollen aber auch Erwachsenenbildung fördern. Aber ich glaube, die Pfingstaktion hat auch dieses Jahr wieder gezeigt, dass wir so viel auch von unseren Partnern lernen. Es ist nicht einfach ein Geben, sondern eine Empfangen. Insofern ist das für uns alle bereichernd, visualisierend und lebensfördernd, wenn wir aufeinander hören und voneinander lernen.
Das Interview führte Heike Sicconi.