Pilgerseelsorger berichtet aus Santiago

Jakobus' Gedenktag: Feuerwerk, Partymeile, Gottesdienst

Ob Hape Kerkeling schuld daran ist, dass es auf dem Jakobsweg in Spanien seit einigen Jahren zugeht, wie auf der A3 an einem Montagmorgen? Fakt ist: Pilgern nach Santiago ist beliebt wie nie, besonders am Gedenktag des Heiligen Jakobus.

Pilgerschuhe am Jakobsweg / © Philippe Glorieux (KNA)
Pilgerschuhe am Jakobsweg / © Philippe Glorieux ( KNA )

DOMRADIO.DE: Trotz der spanischen Sommerhitze - die Pilger kommen trotzdem?

Prälat Rudolf Hagmann (Seelsorger auf dem Jakobsweg): Die kommen in Scharen. Und es ist wirklich so, dass Jahr für Jahr die Zahl ansteigt und man nicht weiß, wie das weitergeht. Irgendwie hat man gedacht, dass irgendwann der Boom vorbei sein wird, aber momentan zeichnet sich das nicht ab. Und 2021 wird ein Heiliges Jahr sein, man nimmt im Zuge dessen an, dass da nochmals eine ganz enorme Zuwachsrate zu verzeichnen sein wird.

DOMRADIO.DE: Warum, meinen Sie, ist das so? Kommen die Pilger alle, weil sie der Glaube oder eine spirituelle Suche antreibt oder ist es einfach nur ein Hype, eine Modeerscheinung?

Hagmann: Ich glaube das ist alles Mögliche. Die Motivation ist sicherlich eine ganz gemischte. Für die einen ist es wirklich ein religiöses Bedürfnis, andere gehen einer spirituellen Suche nach. Manche suchen einfach das Abenteuer. Ich glaube, dass die Gemengelage wirklich alle Motive irgendwie beinhaltet, aber das ist nichts Neues.

Man darf nicht meinen, dass Pilgern zu früheren Zeiten und Jahrhunderten nur eine ganz fromme Angelegenheit gewesen sei. Da war es genauso. Aber auffallend ist, dass doch der eine oder andere sagt: Ich bin als Wanderer aufgebrochen und als Pilger angekommen. Also unterwegs gibt es schon auch die Erfahrung, dass Menschen da nochmals einer anderen und tieferen Spur ihres Lebens nachgehen können.

DOMRADIO.DE: Seit bald zehn Jahren gibt es die deutschsprachige Pilgerseelsorge in Santiago de Compostela. Mit welchen Sorgen und Bedürfnissen kommen die Menschen zu Ihnen?

Hagmann: Ein ganz großes Bedürfnis ist es, einfach zu reden; reden über die Erfahrungen unterwegs, aber auch reden über Dinge, über die man zu Hause mit niemandem bespricht. Es gibt wirklich viele Menschen, die auch mit schwerem inneren Gepäck unterwegs sind und froh sind, wenn sie das irgendwo abladen können.

Das war auch unsere Motivation vor zehn Jahren, für die deutschsprachigen Pilger so ein Angebot einzurichten. Denn es kann nicht jeder Spanisch und es kann nicht jeder am spanischen Gottesdienst teilnehmen. Deswegen haben wir dann die Möglichkeit geschaffen, dass sie auch in deutscher Sprache den Gottesdienst feiern können und vor allen Dingen sich auch in deutscher Sprache über ihre Erfahrungen und über ihr Leben mit jemandem unterhalten können.

DOMRADIO.DE: Die Seelsorger sind von Anfang Mai bis Mitte Oktober, der "Pilger-Hochphase", im Einsatz. Sie selbst sind diesen Weg auch schon gelaufen. Wie ist das für Sie, die Ankommenden da dann in Empfang zu nehmen?

Hagmann: Das ist eine ganz große Freude für uns, aber auch für die Pilger, die bei uns ankommen. Es kommen natürlich längst nicht alle, die hier in Santiago ankommen, auch bei der Pilgerseelsorge an. Aber trotzdem - für viele Menschen sind wir eine wichtige Haltestation. Und viele sagen auch, das war für uns jetzt in Santiago eigentlich der Höhepunkt. Wir bieten Gottesdienste an, wir bieten Gespräche an und wir bieten einen spirituellen Rundgang um die Kathedrale an, der sehr nachgefragt wird.

DOMRADIO.DE: Heute ist der Gedenktag des Heiligen Jakobus, wie wird das Fest bei Ihnen begangen, welchen Stellenwert hat das eigentlich für die Stadt?

Hagmann: Für die Stadt, für Galizien, für Spanien ist es eigentlich der Nationalfeiertag. Gestern Abend hat es mit einem grandiosen Feuerwerk begonnen. Und die ganze Nacht über war die Stadt eine Partymeile. Heute wird ein feierlicher Gottesdienst gefeiert. In diesem Gottesdienst bringt immer ein Repräsentant des Staates, manchmal der König oder ein anderer Vertreter, dann die Anliegen Spaniens aber auch die Anliegen Europas im Fürbittgebet vor den Apostel. Gleichsam wird hier nochmals ein Stück moderner, aktueller Welt vor den Apostel gebracht und als Fürsprecher angefleht.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Heiliger Apostel Jakobus der Ältere / © Harald Oppitz (KNA)
Heiliger Apostel Jakobus der Ältere / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Kathedrale von Santiago de Compostela (KNA)
Die Kathedrale von Santiago de Compostela / ( KNA )
Quelle:
DR