Zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern: In die "Feldberger Seenlandschaft" lockt kleine und große Naturfreunde "Falladas Fridolinwanderung". Der 10,5 Kilometer lange Parcours ist benannt nach dem Schriftsteller Hans Fallada, der sich in der idyllischen Gegend bei Carwitz zu den Geschichten für sein Kinderbuch "Fridolin, der freche Dachs" inspirieren ließ. Oder im Bayerischen Wald: Auf deutlich über 1.000 Höhenmetern bewegt sich, wer die Etappe des 660 Kilometer langen "Goldsteigs" vom Waldschmidthaus zur Lusen-Schutzhütte in Angriff nimmt.
Ob kurze Runde oder anspruchsvolle Mehrtagestouren: Deutschland bietet Wanderern ein breites Betätigungsfeld. Und Wandern liegt im Trend, wie Erik Neumeyer vom Deutschen Wanderverband sagt. Erst seien es Terroranschläge in anderen Teilen der Welt gewesen, die den Urlaub vor der Haustüre oder bei den europäischen Nachbarn plötzlich sicherer und attraktiver erscheinen ließen, so Neumeyer. Inzwischen gelte: "Alles ist fürs Klima besser als auf eine Südseeinsel zu fliegen."
Wandern kann jeder
Wandern kann jeder. Es ist ebenso gesundheits- wie umweltbewusst, eine, so der Fachbegriff, "niedrigschwellige Ausdauersportart". Was aber unterscheidet Wandern vom Spazierengehen? "Es fängt damit an, dass die Wanderer sich anders vorbereiten", erklärt Neumeyer. Wanderschuhe, Rucksack und regenfeste Jacke gehören zur Grundausrüstung.
Im Schnitt legen die Wanderer etwa 12 bis 15 Kilometer am Tag zurück. In der Community erkennt man sich am Gruß "Frisch auf". Da weiß der Profi direkt: Aha, kein Spaziergänger! "Beim Spazierengehen etwa nach dem Essen lässt man sich eher ein bisschen treiben", sagt der Experte. "Beim Wandern ist ein Ziel eine ganz sinnvolle Sache."
"Die Sinn- oder Selbstsuche"
Begehrt ist etwa ein schöner Aussichtspunkt. Oder eine Burgruine, oder ein Gasthof. Auf markierten Wanderwegen gibt's zudem regelmäßig Wegpunkte. Dazu gehören Bildstöcke, kleine Kapellen, Kirchen. Die Wanderer wissen so etwas zu schätzen. Stellt sich die Frage, welche Verbindungen es zwischen Wandern und Pilgern gibt. "Die Sinn- oder Selbstsuche", vermutet Neumeyer. Wenn Wanderer unterwegs neben sich selbst auch Gott fänden, sei das "eine schöne Sache", meint er. "Ich glaube, dass da ein enger Zusammenhang besteht und dass es ein fließender Übergang ist."
Auch Prominente aus Politik und Gesellschaft wissen die Fortbewegung per pedes zu schätzen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender haben sich zum Wandern in diesem Jahr die Dolomiten ausgeguckt; auch die neue Justizministerin Christine Lambrecht zieht es dem Vernehmen nach in die Alpen. Manuel Andrack, einst Sidekick in Harald Schmidts Late-Night-Show, hat aus der Freizeitbeschäftigung ein eigenes Geschäftsfeld gemacht. Auf www.andrackblog.de postet er "die besten Wander-Storys der Welt".
Menschen erreichen
Popularität erlangte das Wandern in der Romantik. Immer mehr Regionen wurden in der Folge mit neuen Wegstrecken erschlossen. Die Bahn stimmte ihre Fahrpläne auf beliebte Wanderziele ab. In der Mitte des 20. Jahrhunderts kamen Wandererparkplätze für Autofahrer hinzu – inzwischen ausgewiesen durch ein eigenes Parkplatzschild.
In grauer Vorzeit waren die Menschen oftmals mangels anderer Fortbewegungsmittel zu Fuß unterwegs. Erik Neumeyer verweist in diesem Zusammenhang gern auf eine besonders bekannte biblische Gestalt: "Jesus muss ein Wanderer gewesen sein", sagt er. "Der hat so viele Menschen erreicht – das geht nur, wenn man auf Augenhöhe kommuniziert." Und das wiederum funktioniere am besten, wenn man im wahrsten Sinne des Wortes auf die Menschen zugehe.