Der türkische Papst-Attentäter Mehmet Ali Agca hat sich im Fall der verschwundenen Vatikanbürgerin Emanuela Orlandi an Papst Franziskus gewandt.
Die seit 36 Jahren vermisste Orlandi sei am Leben und befinde sich einem streng abgeschlossenen Kloster, schrieb Agca in einem Brief, dessen Wortlaut der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. Darin bezeichnet sich der 61-Jährige als "geistigen Bruder von Papst Johannes Paul II." Nähere Angaben zum Ort des Klosters oder zur Ordensgemeinschaft machte er nicht.
Agca: Franzikus habe die Macht, Orlandis Freilassung anzuordnen
Sämtliche Vorwürfe einer Verwicklung des Vatikan in eine Vergewaltigung und Ermordung der damals 15 Jahre alten Schülerin seien "Lügen, die das weltweite Ansehen der katholischen Kirche furchtbar beschmutzen", schrieb Agca. "Der Vatikan hat die moralische Pflicht, alles für die Rückkehr Emanuelas zu ihrer Familie im Vatikan zu tun."
Auch wenn Franziskus anfangs über die "Verschwörung" um Orlandi in Unkenntnis gewesen sei, besitze er jetzt "alle Macht, um die Freilassung von Emanuela Orlandi kategorisch anzuordnen", so Agca.
Untersuchungen im Vatikan blieben ergebnislos
Das Verschwinden Emanuela Orlandis, der Tochter eines Vatikanangestellten, im Jahr 1983 zählt zu den bekanntesten ungelösten Kriminalfällen Italiens. Vergangenen Juli führten Gerichtsmediziner Nachforschungen auf dem Friedhof des deutschen Priesterkollegs Campo Santo Teutonico im Vatikan durch, nachdem die Familie nach eigenen Angaben Hinweise auf den Verbleib Emanuelas erhalten hatte. Die Ermittlungen verliefen ergebnislos.
Agca hatte 1981 Papst Johannes Paul II. durch Schüsse auf dem Petersplatz lebensgefährlich verletzt; bis 2010 saß er in italienischer und türkischer Haft. Zu den möglichen Theorien über das Verschwinden von Orlandi am 22. Juni 1983 gehört, dass es sich um eine versuchte Erpressung zur Freilassung Agcas handelte.
Bruder Emanuelas zweifelt an Aussagen
Emanuelas Bruder Pietro Orlandi bezeichnete die Äußerungen des Papst-Attentäters zuletzt als "weitere Verwirrungen Agcas. Erst beschuldigte er den Vatikan, jetzt verteidigt er ihn", so Orlandi. Unverändert bleibe einzig die Behauptung Agcas, Emanuela lebe im Ausland unter Kontrolle des Vatikan.