DOMRADIO.DE: Die Marienkapelle auf der Winklmoosalm – was ist das für eine Kapelle?
Monsignore Christoph Huber (Diözesanpräses, stellv. Aufsichtsratsvorsitzender des Kolping-Bildungswerkes München und Oberbayern e.V.): Das ist eine ganz normale Kapelle, die die Sennerinnen und Senner gebaut haben, weil sie nie zum Gottesdienst ins Tal kommen. Dort versammeln sie sich in der Regel an Sonntagabend zum Rosenkranz, damit sie ihre spirituellen Bedürfnisse befriedigen können.
DOMRADIO.DE: Und diese Kapelle liegt hoch oben auf der Winklmoosalm. Das ist schon ein besonderer Ort. Was zeichnet diesen Ort denn aus?
Huber: Es ist ein Almgebiet, auf dem Berg gibt es also kein geklüftetes Gestein, sondern Weidewiesen und Felder, wo die Kühe und Kälber ihr Futter finden. Es ist eine weiche Landschaft inmitten des Gebirges. Wunderschön – fast wie ein Amphitheater.
DOMRADIO.DE: Und da findet dann unter freiem Himmel an Mariä Himmelfahrt die traditionelle Kräuterweihe statt. Was ist denn eigentlich eine Kräuterweihe und warum findet die an Mariä Himmelfahrt statt?
Huber: Bei einer Kräuterweihe suchen die Sennerinnen, Senner und Bauern die Kräuter zusammen, die in der Umgebung wachsen. Jede Pflanze hat eine eigene Bedeutung, sie hilft für oder gegen irgendetwas. In einem Strauß werden die Kräuter dann zur Weihe gebracht – mit der Bitte, dass Gott die Pflanzen wachsen lässt, damit es Mensch und Tier gutgeht. Die Kräuterweihe beinhaltet also die direkte Verbindung zur Schöpfung, dem, was gegeben wird, und dem Dank an Gott dafür.
DOMRADIO.DE: Und warum genau an Mariä Himmelfahrt?
Huber: Das verbindet sich mit der Legende der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Die Legende besagt, dass, als man den Sarg Mariens geöffnet hat, man dort nicht ihren Leichnam, sondern Blumen fand.
DOMRADIO.DE: Und Sie feiern diese ganz besondere Messe. Wie kommen Sie denn dazu?
Huber: Weil ich ein Einheimischer bin. Ich bin in Reit im Winkl geboren und verbringe dort alle Jahre meinen Urlaub. Und der Pfarrer von Reit im Winkl fährt in der Regel genau in der Zeit in Urlaub und dann darf ich den Gottesdienst übernehmen.
DOMRADIO.DE: Das besondere Spektakel zieht nicht nur Einheimische an, sondern auch Touristen. Wie erleben Sie das denn?
Huber: Das ist wunderschön. Es sind etwa 800 Leute, die zum Gottesdienst kommen. Das sind aber nicht alles Katholiken, manche kommen auch mit einer inneren Ahnung oder Neugierde, um das einfach mal zu sehen. Das Ganze wird von der einheimischen Tradition getragen, die Blaskapelle begleitet den Gottesdienst, Alphornbläser sind dabei und Menschen kommen in ihrer Tracht. Und dazu gesellen sich dann die Touristen, die – gerade wenn in Nordrhein-Westfalen Urlaub ist – in großer Zahl kommen.
Das Interview führte Julia Reck.