Kempis wird neuer Leiter des deutschsprachigen Vatikan-Portals

Vom kleinen weißen Pünktchen bis zum Nahkontakt

Zum ersten Mal ist ein Laie an der Spitze der deutschsprachigen Abteilung von Vatican News: Stefan von Kempis. Im Interview erzählt er von der Entwicklung hin zum multimedialen Nachrichtenportal und von der veränderten Sichtweise auf den Papst.

Blick über die Via della Conciliazione auf den Petersdom / © Julia Steinbrecht (KNA)
Blick über die Via della Conciliazione auf den Petersdom / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Ist das eine besondere Anerkennung, dass Sie als Nicht-Priester in diese Position gekommen sind.

Stefan von Kempis: Nein, ich glaube einfach ich wurde Opfer der traurugen Tatsache, dass die Jesuiten auch nicht mehr werden, sondern tendenziell weniger. Sie können niemanden mehr bereitstellen für diesen Posten hier in Rom, was ich sehr schade finde. Ich bin unter den Jesuiten Pater Eberhard von Gemmingen und Pater Bernd Hagenkord hier groß geworden am Radio. Der jesuitische Geist hat immer eine gewisse Freiheit hier reingebracht, das hätte ich schon ganz gerne fortgesetzt. Aber wenn die Jesuiten keinen mehr schicken, dann muss ich es eben machen. So sehe ich das. Ich mache es auch gerne, aber so ist das eben gekommen. Ich bin einfach der Typ mit der längsten Erfahrung, der jetzt hier noch zu haben ist und keinen Jesuitenkragen trägt.

DOMRADIO.DE: 1931 wurde Radio Vatikan gegründet, im Dezember 2017 wurde daraus das Medienportal Vatican News. Sie selber sind seit 2001 mit dabei. Was waren die größten Veränderungen, die Sie in dieser Zeit miterlebt haben?

Kempis: Ich habe zum ersten Mal 1989 als Praktikant für Radio Vatikan gearbeitet, so hieß es damals noch. Ich habe noch Aufnahmebänder gedreht und eingelegt in ganz komplizierte Apparate. Die Nachrichten kamen per Telex vom Ticker. Das war wirklich die Steinzeit. Ich komme also aus der Steinzeit und die Entwicklung ist rasant gewesen, heute klicken wir ständig auf mehreren Kanälen. Das hat natürlich zur Vervielfältigung der Arbeit geführt.

Man macht eine Sache nicht einmal, also nur für das Radio, sondern es gibt auch noch den Podcast, den Tweet, die App und auch noch die Erweiterung. Dadurch hat man das Gefühl, man ist die ganze Zeit hochtourig mit immer derselben Sache beschäftigt. Aber ich will nicht meckern. Es hat auch dazu geführt, diese Veränderungen in der Medienbranche, in der Art zu Arbeiten, dass man sogar hier im Vatikan näher dran ist an den Leuten. Dadurch kennt man natürlich seine Hörer, User und Freunde besser und ist mehr mit ihnen in Kontakt. Das gefällt mir gut.

DOMRADIO.DE: Crossmedialität ist also das Stichwort. Jetzt haben Sie selber schon gesagt, nah dran zu sein. Wie nah ist man denn eigentlich in so einer Redaktion am Papst dran?

Kempis: Das ist sehr relativ. Als ich kam, da war Johannes Paul II. Papst ein kleines weißes Pünktchen am Fenster für mich – wie für alle anderen Menschen auch, die so als Touristen nach Rom kommen. Als es dann Papst Benedikt XVI. gab, waren wir natürlich nah dran. Den kannten wir und ich hatte ihn selber immer wieder mal interviewt. Ich habe eine ganze CD mit seinen Interviews noch zu Hause. Auf einmal bekam man auch Anrufe aus dem Apostolischen Palast oder man konnte ihm mal ein Buch überreichen.

Jetzt bei Franziskus sind wir wieder ein bisschen ferner gerückt, aber man sieht sich von Zeit zu Zeit, überreicht ihm ein kleines Geschenk oder wünscht Frohe Ostern. Der Papst sagt immer denselben Spruch, nämlich "Bete für mich". Das sind im Prinzip die Nahkontakte, die man mit dem Papst hat. Wir haben ihn – da muss ich fast sagen – nicht jeden Tag hier auf dem Flur. Denn ich komme bei dieser mörderischen Hitze, die wir im Moment hier in Rom haben, auch gerne mal mit kurzen Hosen. So käme ich noch nicht einmal in den richtigen Vatikan rein. Gott sei Dank sind wir leicht ausgelagert vor den Mauern des Vatikans und hier können wir auch mal in der Bermuda am Schreibtisch sein.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie sich denn für die Zukunft vorgenommen?

Kempis: In den letzten Jahren waren wir vor allen Dingen erst einmal aufs Überleben eingestellt. Wir hatten ja einen riesen Medienreform im Vatikan an den Hacken. Das ging auf und ab und rauf und runter. Wir sind sehr wenige, im deutschen Programm sind sechs Leute, zur Zeit de facto vier. Es gab keine große Gelegenheit und Kraft, noch irgendwelche Zukunftspläne zu schmieden.

Ich würde gern noch mit mehr vertiefenden Stücke mehr erklären, also mehr Hintergrundberichte schreiben und nicht einfach nur Nachrichten raus jagen, wie mit dem Raketenwerfer. So nimmt man die Leute ein bisschen besser mit und lässt sie auch teilhaben. Was sind eigentlich die Hintergründe, von dem was wir hier alles so vermelden? Das wäre mein Wunsch.

DOMRADIO.DE: Sie leben jetzt schon seit 18 Jahren in Rom. Wird für Sie Rom jetzt auch zur Ewigen Stadt?

Kempis: Das glaube ich schon, denn ich wohne hier mit meiner Familie. Wir sind auf Rom abonniert, im Guten, wie im Schlechten. Wie gesagt im Sommer wird es knalle heiß. Gott sei Dank können wir immer wieder mal an einen See in der Nähe flüchten. Aber ich bin ja nicht von Deutschland aus hierhin entsandt worden. 

Das Interview führte Moritz Dege.


Stefan von Kempis mit P. Bernd Hagenkord SJ  (VN)
Stefan von Kempis mit P. Bernd Hagenkord SJ / ( VN )
Quelle:
DR