Vor 50 Jahren fand das legendäre Woodstock-Festival statt

Blumen im Matsch

"Woodstock Music & Art Fair presents An Aquarius Exhibition - 3 Days of Peace & Music", so lautete der vollständige Name des wohl legendärsten aller Musikfestivals. 50 Jahre später ist der Mythos weiterhin lebendig.

Autor/in:
Paula Konersmann
Woodstock-Festival / © KV/PKP (Reuters)
Woodstock-Festival / © KV/PKP ( Reuters )

Manche Bilder von Woodstock sind zu popkulturellen Ikonen geworden: das gemalte Logo einer Taube auf einem Gitarrenhals, das Pärchen, das sich inmitten des Trubels unter einer Decke aneinanderschmiegt, Jimi Hendrix, der seiner Gitarre eine verzerrte Version der US-Hymne entlockt. Die Mythen rund um das Musikfestival entstanden schnell und halten sich hartnäckiger als jede Kritik. Mitte August liegt Woodstock genau 50 Jahre zurück.

Der Vietnam-Krieg tobte

Pop- und alltagshistorisch gilt Woodstock als Höhepunkt der Hippiezeit - und gleichzeitig als Symbol für ihren Ausverkauf an einen kommerziellen Zeitgeist. Nicht wenige meinen, dass die Bewegung ihren Zenit zum Zeitpunkt des Festivals bereits überschritten hatte. Der titelgebende Traum von "Frieden & Musik" stand in allzu deutlichem Kontrast zur politischen Realität: Der Vietnam-Krieg tobte, die Mordserie der "Manson Family" erschütterte die USA und den Rest der Welt.

Dass das Monterey-Pop-Festival zwei Jahre zuvor musikalisch gelungener war, darüber besteht unter heutigen Musikliebhabern weitgehend Einigkeit. Im Dezember 1969 wurde wiederum das Altamont Festival als Gegenstück zu Woodstock initiiert. Es setzte der unschuldigen Flowerpower-Zeit ein drastischeres Ende, als die Veranstalter gehofft hatten: Ein rassistischer Mord während des Auftritts der Rolling Stones in Altamont wurde von späteren Kommentaren als "Abgesang einer Epoche" und "Beginn finsterer Zeiten" beschrieben. Der Tod von Rockidolen wie Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison sorgte wenig später ebenfalls für Melancholie statt Aufbruchstimmung.

Bedeutung für die moderne Musik

Die Bedeutung der drei Festivals - Monterey, Woodstock, Altamont - für die moderne Musik lässt sich indes kaum bestreiten. Der Autor Wolfgang Tilgner erinnerte in seinem Buch "Open Air" daran, dass das Interesse an Musik und Gemeinschaft darüber hinaus anhielt: Das Festival mit der höchsten Zuschauerzahl - das Watkins-Glen-Festival - fand erst 1973 mit 600.000 Besuchern statt. Der Boom habe erst in den Folgejahren durch politischen Druck aus reaktionären Kreisen nachgelassen, so Tilgner.

Woodstock bleibt ein sagenumwobener Name. Diesen Klang hatte der Ort schon vor dem Festival, schreibt Tilgner: "Woodstock war Bob Dylan." Der Nobelpreisträger von 2016 hatte sich Mitte der Swingin' Sixties in die Gegend an der amerikanischen Ostküste zurückgezogen. Auf den Weidefeldern eines örtlichen Milchbauern planten drei junge New Yorker ab dem Frühjahr 1969 das Festival, das heute allein aus Sicherheitsgründen undenkbar wäre: Schon Stunden vor Beginn war das Gelände überfüllt und der Verkehr kollabiert, die mobilen Toiletten verbreiteten einen üblen Geruch. Das Wetter war unbeständig, die eingeflogenen Notärzte waren im Dauereinsatz.

Friedliches Chaos

Diese Widrigkeiten sind es nach Einschätzung des Popkultur-Experten Michael Behrendt, die den Mythos bis heute am Leben halten: "Unvorhergesehenes, das auf schier magische Weise überwunden wurde. Eigentlich hätte Woodstockscheitern müssen - es grenzt an ein Wunder, dass niemand ernsthaft zu Schaden kam." Zudem traten 32 Bands und Solokünstler auf - wodurch die schätzungsweise 400.000 Besucher stets das Gefühl hatten, "dass es sich lohnte, mit leerem Magen im Dreck zu sitzen", so Tilgner.

Nicht einmal die Musiker hatten es leicht: Bands wie The Grateful Dead drohten mit einer Absage, als sie erfuhren, dass das Festival spontan zu einem Gratiskonzert erklärt worden war - was die Veranstalter wiederum als pure Notwendigkeit bezeichneten: "Wir haben die Fakten anerkannt. Es heißt immer, wir hätten die Tore zum Festivalgelände geöffnet. Aber da waren keine Tore", erklärten sie. Später trat Pete Townshend, Gitarrist von The Who, einen Kameramann von der Bühne; ausgerechnet Hippie-Ikone Joni Mitchell fehlte wegen eines Fernsehauftritts.

Wäre alles glattgegangen, wäre Woodstock nach wenigen Monaten vergessen gewesen, meint Behrendt. Tatsächlich sei auf dem Festival alles zusammen gekommen, was die Gegenkultur und die Rockmusik der 60er Jahre ausgemacht habe - "und das spüren die Menschen auch noch ein halbes Jahrhundert später".


Quelle:
KNA