Das berichteten italienische Medien am Samstagnachmittag; der Kommandant des Schiffes, Marc Reig, bestätigte die bevorstehende Ausschiffung von 27 Minderjährigen auf Twitter. Nun gelte es, diese Nachricht an Bord so zu vermitteln, dass es nicht zu Zwischenfällen komme. Ebenfalls landeten in der Nacht zu Samstag in Lampedusa 57 vornehmlich tunesische Migranten. Ihr Boot war kurz zuvor vor der kleinen Insel Lampione 20 Kilometer westlich von Lampedusa gesichtet worden, berichtete der Sender RaiNews am Sonntag.
In seiner Antwort an Conte ließ Salvini den Regierungschef wissen, "die an Bord der 'Open Arms' befindlichen (angeblichen) Minderjährigen werden ausgeschifft". Dies geschehe gegen seinen eigenen Willen und in der Hoffnung, dass Conte damit keinen "gefährlichen Präzedenzfall" schaffe. Die Verantwortung liege allein beim Ministerpräsidenten.
"Tickende Zeitbombe"
Derweil bereitet sich an der Mole von Lampedusa die Polizei auf den Einsatz vor, wie RaiNews berichtet. Kapitän Reig schrieb auf Twitter weiter, er hoffe, dass nun sehr schnell auch die übrigen 107 Personen von Bord könnten. Die Lage auf dem Schiff, das seit Mittwochabend vor Lampedusa liegt, gleiche einer "Zeitbombe". Seine Besatzung habe die ganze Nacht kein Auge zugetan, um Gewalt und Selbstverstümmelung unter den Passagieren zu verhindern, so Reig am Samstagvormittag. Bis Freitagmorgen waren insgesamt 13 Menschen von Bord geholt worden, da sie nach Aussage von "Open Arms" aus medizinischen und psychischen Gründen dort nicht weiter bleiben konnten.
Unterdessen gibt es widersprüchliche Angaben über den Gesundheitszustand der von Bord gegangenen Migranten. Laut Medienberichten stellten Ärzte auf Lampedusa bei den von Bord geholten Menschen bis auf eine Ohrenentzündung keine weiteren Leiden fest. Die Ärzte wie auch anderes medizinisches Personal sollen nun von Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft Agrigent befragt werden. Auch soll in Kürze ein medizinisches Team an Bord gehen, um die verbliebenen Personen an Bord zu untersuchen.
Durchsuchungen der Küstenwache in Rom
Bereits am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft Agrigent beim zentralen Such- und Rettungszentrum der italienischen Küstenwache in Rom Unterlagen beschlagnahmen lassen. Man wolle die Befehlskette untersuchen, die dazu geführt habe, dass die "Open Arms" bisher nicht in Lampedusa anlegen durfte, hieß es in Medienberichten. Unter den beschlagnahmten Dokumenten ist laut "Repubblica" ein Briefwechsel mit dem Innenministerium, dem die Küstenwache mitteilte, dem Anlegen der "Open Arms" in Lampedusa stehe nichts entgegen.
Am Mittwoch hatte das Verwaltungsgericht von Latium dem Schiff das Einlaufen in italienische Gewässer erlaubt, indem es ein entsprechendes Verbot des Innenministeriums aufhob. Innenminister Salvini (Lega) hatte gegen das Urteil umgehend Widerspruch angekündigt. Davon distanzierten sich jedoch die ebenfalls betroffenen Minister für Transport und Verteidigung, Danilo Toninelli und Elisabetta Trenta. Ein erstes Einlaufverbot für die "Open Arms" hatten die beiden Fünf-Sterne-Politiker noch mitunterzeichnet.