Immerhin: Mehr als jeder fünfte Sachse und fast jeder fünfte Brandenburger gehört einer Kirche an. Doch in den Parteiprogrammen zu den Landtagswahlen am 1. September sind die Aussagen zu Kirche und Religion eher ein Randthema. Bei der Lektüre hat man nicht den Eindruck, dass die Kirchen als wichtige gesellschaftliche Akteure wahrgenommen werden. Gleichwohl lohnt der differenzierte Blick.
Ablösung der Staatsleistungen vs. Zusammenarbeit bei "Kriminalprävention"
In Sachsen befasst sich die Linkspartei am ausführlichsten mit der Thematik unter dem Stichwort "Für Religionsfreiheit und Laizismus".
Sie konkretisiert ihre Forderung nach einer Trennung von Staat und Kirche durch eine Reihe konkreter Vorhaben: Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen sowie Streichung staatlicher Unterstützung für religiöse Träger und Projekte, wenn diese Standards "wie beispielsweise aus Arbeitsrecht oder Antidiskriminierungsrecht nicht erfüllen". Zudem wollen die Linken "Tanzverbote an Feiertagen" abschaffen. Ferner sollen die Kirchen die Verwaltungsgebühr beim Austritt übernehmen.
Einen Gegenpol bildet die CDU, seit 1990 Regierungspartei im Freistaat. Sie bekennt sich zu den Staatskirchenverträgen und würdigt "die Rolle der Kirchen für den Zusammenhalt und die Wertevermittlung". Auch in der "kommunalen Kriminalprävention" setzen die Christdemokraten auf den Austausch mit Religionsgemeinschaften.
Beim derzeitigen Koalitionspartner SPD fallen die Aussagen ungleich knapper aus. Dort tauchen die Religionsgemeinschaften nur als mögliche Teilnehmer einer Enquete-Kommission "Schule der Zukunft" auf, die sie im Sächsischen Landtag einrichten wollen. Auch die Grünen und die FDP erwähnen Kirchen und Religion nur sehr am Rande.
Die AfD listet die Kirche in einer Reihe mit "Tante-Emma-Laden, Gasthof und Bäcker" auf, wenn sie für die Stärkung des ländlichen Raumes eintritt.
Zwischen Wertschätzung und Intransparenz
In Brandenburg äußern sich die Bündnisgrünen, die nach der Wahl Königsmacher sein könnten, am profiliertesten zum Thema. Sie bekunden ihre Wertschätzung dafür, "wenn sich Religionsgemeinschaften mit wertegebundenen Positionen aktiv an der Meinungsbildung zur Stärkung unseres demokratischen Gemeinwesens beteiligen". Auch sei die Geschichte Brandenburgs "eng mit dem emanzipatorischen Wirken der Kirchen verbunden".
Zugleich warnen die Grünen davor, dass Religionen für "die Diskriminierung Andersgläubiger, antidemokratische Einstellungen und menschenverachtenden Fanatismus" instrumentalisiert werden "oder sich instrumentalisieren lassen". Kritisch sieht die Partei auch das eigenständige Arbeitsrecht der Kirchen. Und: "In staatliche Zuwendungen an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wollen wir mehr Transparenz bringen."
Ausdrücklich befürworten die Grünen den "Brandenburger Weg" des Schulfachs "Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde" (LER) und eines zusätzlichen, freiwilligen Religions- oder Weltanschauungsunterrichts der Kirchen oder des Humanistischen Verbandes.
Im Vergleich dazu fallen die Positionen der rot-roten Regierungskoalition dürftig aus. Die SPD sieht in den Religionsgemeinschaften wichtige Partner und will die Zusammenarbeit "weiter vertiefen". Kirchengebäude seien "kulturelle Anker in den Dörfern", die es zu erhalten gelte. Die Linkspartei unterstützt die Einrichtung von Gebetsräumen und Moscheen sowie die Errichtung einer Synagoge in Potsdam.
Der CDU ist der Erhalt der Kirchenbauten ebenfalls wichtig. Zusätzlich will sie "dazu beitragen, dass die christlichen Kirchengemeinden vor Ort ihre seelsorgerischen und sozialen Aufgaben auch in Zukunft erfüllen können". Ebenso wollen die Christdemokraten zur Wertevermittlung den Religionsunterricht stärken.
Brandenburgs AfD legt Wert auf eine "Entideologisierung von Monumenten wie der Potsdamer Garnisonkirche". Deren Wiederaufbau ist umstritten, weil Kritiker in ihr ein Symbol des reaktionären Preußentums sehen. Nachdrücklicher spricht sich die AfD indes für ein Kopftuchverbot für Kinder und Jugendliche in Kindertagesstätten, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen aus.