DOMRADIO.DE: Mosambik, Madagaskar und Mauritius: Auf was lässt sich Papst Franziskus da ein?
Pater Hans Vöcking (Afrikamissionar, Orden der Weißen Väter / WV): Er hat eine schwere Reise vor sich. In wenigen Tagen will er drei Länder besuchen, die einmal von Krieg und kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt sind und dann auch noch von einer Interkulturalität.
Denn in allen drei Ländern leben verschiedene Kulturen und auch verschiedene Religionen zusammen. Und als drittes Thema will er dann auch die Bewahrung der Schöpfung aufgreifen. Ich glaube, das sind drei ganz wichtige Themen für Mosambik und die zwei Inseln.
DOMRADIO.DE: Mosambik war früher eine portugiesische Kolonie und wurde 1975 nach einem blutigen Kolonialkrieg unabhängig. Auch ihr Orden der Weißen Väter hat da eine Rolle gespielt und wurde von der Kolonialmacht vertrieben. Was war da los?
Pater Vöcking: Mosambik stand mit Angola lange unter der portugiesischen Herrschaft. Die katholische Kirche war dominant in den Ländern, auch wenn der katholische Glaube sich nicht besonders weit verbreitet hat. Vielmehr blieben Katholiken eine Minderheit, auch heute noch. Etwa ein Drittel der Mosambikaner sind katholisch.
Die Kirche wurde mehr oder weniger in die portugiesische Kolonialpolitik eingespannt und da haben die Weißen Väter gesagt, dass sie da nicht mitmachen, weil sie keine Angestellten des portugiesischen Staates, sondern Teil der Weltkirche sind.
Deshalb wollten die Weißen Väter ein Zeichen setzen und haben in Absprache mit den anderen Orden - vor allem mit den Jesuiten - gesagt: "Wir sind die kleinste Missionsgesellschaft in Mosambik. Wir können das Land verlassen, ohne dass die Kirche dadurch einen großen Schaden erleidet." Und so sind wir 1971 aus Mosambik ausgewiesen worden.
DOMRADIO.DE: Heute steckt das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Wie würden Sie die Herausforderungen in Mosambik zusammenfassen?
Pater Vöcking: Seit der Unabhängigkeit herrschen Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen in Mosambik. Erst kam die marxistische-, dann die antimarxistische Bewegung, die diese Revolution weiterführte. Seitdem ist das Land praktisch in einem Kriegszustand.
Erst in diesem Jahr kam man dazu, sich abzusprechen, dass man Frieden schließen will. Und ich glaube, in diesem Kontext ist jetzt auch der Besuch vom Heiligen Vater anzusiedeln. Denn es gibt ja eine Geschichte der Friedensbewegung in Mosambik.
Das fing in den 1980er Jahren an, als die Gemeinschaft Sant'Egidio in Mosambik die verschiedenen Partner und Gegner an einem Tisch versammelte und versuchte, einen Frieden zu schaffen. Die Kirche ist in diesem Prozess schon seit langem drin und jetzt kommt der Heilige Vater nach Mosambik.
Ich glaube, hier kann er dann wirklich ein Zeichen setzen, indem er ja auch mit den verschiedenen Gruppen sprechen will und indem er bestimmte Orte besucht. Es ist kein Besuch wie der erste Besuch von Johannes Paul II. Der ging bis an die Peripherie und besuchte auch das Land.
Jetzt steht bei Franziskus der Besuch von Politikern und Kirchenvertretern und eben auch von Vertretern der verschiedenen Bewegungen, die sich bisher bekämpft haben, im Vordergrund.
DOMRADIO.DE: Ein Drittel der Bevölkerung ist katholisch. Tatsächlich sinkt die Zahl der Katholiken in Mosambik. Evangelikale Gruppen und auch der Islam sind hingegen auf dem Vormarsch. Was bedeutet das jetzt für das Miteinander?
Pater Vöcking: Auf der einen Seite hat Mosambik durch die koloniale Bindung einen starken Bezug zu Portugal. Und jetzt kommen von christlicher Seite vor allen Dingen die evangelikalen Gruppen aus Brasilien. Sie sprechen die gleiche Sprache und sie können deshalb ohne weiteres ihre Politik auch in Mosambik durchsetzen. Das ist auch die Schwierigkeit im Kontakt mit der katholischen Kirche und den Bewegungen, die aus Südamerika kommen.
Beim Islam ist es wieder etwas anders. Die Muslime sind seit Jahrhunderten im Land vertreten, allerdings waren sie immer eine Minderheit. Aber durch die unsichere politische Situation haben sich jetzt auch Vertreter der islamistischen Bewegungen in der arabischen Welt in Mosambik festgesetzt.
Sie finden bei der muslimischen Bevölkerung eine kleine Gruppe vor, wo sie sich integrieren können. Und so können sie dann auch wieder politisch aktiv werden und für Unruhe sorgen, wie sie es auch in anderen Ländern Afrikas - Mali, Sudan, Äthiopien oder Eritrea - machen.
DOMRADIO.DE: Die Reise des Papstes hat eine hohe Signalkraft. Glauben Sie, der Papst kann darüber hinaus mit seinem Besuch ganz konkret etwas bewegen?
Pater Vöcking: Ich glaube nicht, dass er in die Tagespolitik eingreifen kann. Dafür ist der Besuch einfach zu kurz und die Kontakte sind zu vielfältig. Aber manchmal können Bilder und auch Zeichen, die man setzt, doch längerfristig wirken.
Und ich glaube, für die katholische Kirche in Mosambik ist es ganz bestimmt ein Plus, wenn jetzt in dieser aktuellen Situation der Heilige Vater kommt. Die Katholiken stellen jetzt fest, dass sie doch ein Teil der Weltkirche sind und dass die Weltkirche sich für ihre Situation interessiert.
Das kann eine ganz andere Motivation freisetzen, als wenn man nur über Briefe verkehrt oder nur Telefongespräche führt. Ich glaube, diese Bilder muss man jetzt auch bei diesem Besuch in Mosambik mit einsetzen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.