Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Am 20. November jährt sich zum 30. Mal der Tag, an dem in New York die Generalversammlung der Vereinten Nationen ohne Gegenstimmen die Kinderrechtskonvention annahm. Dieses Ereignis gilt als Meilenstein für die Rechte von Kindern weltweit. Denn seitdem wird in jedem Jahr an diesem Datum der "Tag der UN-Kinderrechtskonvention" gefeiert. 54 Artikel regeln die Rechte von Kindern verbindlich – so etwa das Recht, nicht gegen den eigenen Willen von den Eltern getrennt zu werden, und das Recht auf amtlich erfasste Identität und körperliche Unversehrtheit. Aber auch andere Rechte wie das auf Informations-, Religions- oder Versammlungsfreiheit oder das Recht, vor Gewalt, Ausbeutung, Verwahrlosung, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch geschützt zu sein, sind in diesem Dokument festgeschrieben. Ferner ist der Kriegseinsatz von unter 15-jährigen Kindern verboten. Und alle Vertragsstaaten sollen sicherstellen, dass kein Kind der Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt ist.
Dass ein solcher Gedenktag aber nicht nur etwas für Politiker oder Menschenrechtsorganisationen ist, wurde jetzt mit einer Anfrage der Kirchen aus Liverpool an die ökumenischen Partner in Köln deutlich. Demnach sollen sich die Kölner an musikalischen Grüßen zum Thema "Kinderrechte" beteiligen. Da sich beide Städte seit vielen Jahren auch auf kirchlicher Ebene verstehen und eine intensive ökumenische Freundschaft pflegen, die ihren Ausdruck bei regelmäßigen Treffen und Besuchen sowie – institutionell – in einem ökumenischen Städtepartnerschaftsausschuss und einem "Rat der Religionen", wie er in Köln existiert, findet, kommt diese Bitte aus Großbritannien nicht von ungefähr. Eher ist sie für die Liverpooler naheliegend. Denn auch gegenseitige Chorbesuche der Kathedralchöre haben in der Vergangenheit schon stattgefunden. Und so gehören die Chöre der Dommusik zu den ersten Adressaten in Deutschland, an die sich solche Wünsche richten. Denn britische Chöre wollen anlässlich dieses weltweiten Jubiläums einen bunten Strauß aus musikalischen Grüßen binden, die demnächst an Kinder auf allen Kontinenten und damit rund um die Welt gehen sollen.
"Best wishes" aus der Dommusik gehen um die Welt
In Köln ist nun Domkantor Oliver Sperling mit seinem Mädchenchor am Kölner Dom dieser Bitte der europäischen Nachbarn nachgekommen. Dazu hat er mit seinem Ensemble in einem kurzen Videoclip von DOMRADIO.DE das deutsche Volkslied "Die Gedanken sind frei" eingespielt. Zu sehen sind in diesem Trailer die Sängerinnen des Kammerchores mit bunten Schildern in der Hand, auf denen "Greetings from Cologne" oder "Children have rights" zu lesen steht. Am Ende dieses von Sperling bewusst gewählten mehrstimmigen Satzes verabschieden sich die Mädchen dann noch mit einem "Best wishes to all the children from the Cologne-Cathedrale" und winken dabei fröhlich in die Kamera. "Bei einer solchen Initiative, die Kinder und ihren Schutz ins Zentrum rücken, sind wir gerne mit dabei", sagt der Chorleiter und Dommusiker. "Denn das Bewusstsein für und das Beachten von Kinderrechten ist unerlässlich für eine freiheitliche, gerechte und friedvolle Gesellschaft."
In Deutschland ist die Kinderrechtskonvention bis in die Gegenwart Gegenstand von Debatten. Die deutsche Delegation äußerte bereits während der Verhandlungen in den späten 1980er Jahren Vorbehalte gegen die Konvention. Grund dafür waren Bedenken, die Beschlüsse könnten mit dem deutschen Ausländerrecht kollidieren. Das betraf besonders die Frage, ob die Kinderrechtskonvention im Widerspruch dazu stehen würde, minderjährige nicht-deutsche Staatsangehörige in ihre Herkunftsländer auszuweisen oder abzuschieben. Erst am 17. Februar 1992 wurde die UN-Kinderrechtskonvention schließlich vom Bundestag ratifiziert. In den folgenden Jahren wurde dann darüber diskutiert, ob die in dem Papier genannten Kinderrechte nicht auch ins Grundgesetz aufgenommen und somit auch Verfassungsstatus erhalten sollten. Artikel 6 des Grundgesetzes regelt unter anderem, dass "Pflege und Erziehung der Kinder" nicht nur das "natürliche Recht" von Eltern sei, sondern auch "die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht".
UNICEF: Millionen Kindern fehlt die Lebensgrundlage
Jedes Kind hat das Recht auf eine Kindheit. Das garantiert die UN-Konvention über die Rechte des Kindes seit 30 Jahren, die übrigens von den USA bis heute nicht unterschrieben wurden. Doch trotz zahlreicher Fortschritte fehlt laut UNICEF jedem zweiten der 2,2 Milliarden Kinder auf der Erde Grundlegendes für das Überleben und die Entwicklung: ausreichend Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Hilfe, eine gute Schulbildung und ein Dach über dem Kopf. Millionen Kinder haben nicht die nötigen Voraussetzungen für ein gutes Aufwachsen, auch wenn die Konvention grundsätzlich dazu beigetragen hat, das Leben für Kinder in vielen Bereichen zu verbessern: Mehr Investitionen für die ärmsten Kinder, bessere Schutzgesetze und breite Aufklärung haben Kindern Chancen und Perspektiven eröffnet. Doch viele Mädchen und Jungen sind bis heute von diesen Fortschritten ausgeschlossen.
So hat sich der Anteil unterernährter Kinder seit 1990 zwar um fast die Hälfte verringert, aber noch immer sterben jedes Jahr allein etwa drei Millionen Kinder an Unterernährung. Die Anzahl der neuen HIV-Infektionen von Kindern zwischen 0 und 14 Jahren ist seit 2010 um mehr als die Hälfte gesunken. Doch immer noch infiziert sich alle zwei Minuten ein Jugendlicher zwischen 15 und 19 Jahren mit dem Virus. Bessere Gesetze zum Schutz von Kindern, mehr Bildung und Aufklärungsarbeit haben dazu geführt, dass die Kinderarbeit um ein Drittel zurückging. Doch der Kampf gegen sie bleibt eine große Herausforderung. Der Anteil der Frauen, die als Kinder verheiratet wurden, ging in den letzten zehn Jahren um 15 Prozent zurück. Doch 2018 wurden weltweit immer noch mehr als 765 Millionen Mädchen und Jungen vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet.
Deutschland beteiligt sich an UNICEF-Initiative
Ob die Rechte von Kindern verwirklicht werden, entscheidet sich in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld – dort, wo sie zuhause sind. Weltweit erreicht allein die von UNICEF ins Leben gerufene Initiative "Kinderfreundliche Kommunen" schätzungsweise 30 Millionen Kinder. Auch hier in Deutschland nehmen zahlreiche Kommunen daran teil. Neben den ungleichen Lebensbedingungen von Kindern in vielen Ländern der Welt prägen zusätzlich tiefgreifende globale Veränderungen wie die Digitalisierung und Urbanisierung, der Klimawandel, anhaltende Konflikte, Flucht und Migration das Aufwachsen der heutigen jungen Generation.