Wie viele Menschen arbeiten in der Pflege?
Die Bundesagentur für Arbeit hat im Mai umfangreiche Zahlen zur Situation im Pflegebereich vorgelegt. Danach waren Mitte vergangenen Jahres rund 1,6 Millionen Menschen in der Kranken- und Altenpflege sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Davon arbeiteten 583.000 Menschen in der Altenpflege. Vier von fünf Beschäftigten in der Branche sind Frauen. Mehr als die Hälfte arbeitet lediglich in Teilzeit oder geringfügig.
Wie hoch sind die Löhne in der Pflege?
Nach den aktuellsten vorliegenden Zahlen für 2017 verdienen Alten- nach wie vor deutlich weniger als Krankenpflegekräfte. Das mittlere Bruttoentgelt vollzeitbeschäftigter Fachkräfte in der Krankenpflege lag demnach bei 3.314 Euro im Monat, das für Fachkräfte in der Altenpflege bei 2.746 Euro. Zum Vergleich: Über alle Berufe hinweg bekamen Fachkräfte durchschnittlich 2.965 Euro. Die Zahlen für Pflegehelfer fielen auf niedrigerem Niveau ähnlich aus. Seit 2014 stiegen die Gehälter in der Altenpflege zwar überdurchschnittlich, doch laut Arbeitsagentur existieren weiterhin erhebliche regionale Unterschiede.
Warum kümmert sich die Politik um die Löhne und nicht die Tarifpartner?
Für die Aushandlung eines Tarifvertrags bleiben Arbeitgeber und Gewerkschaften zuständig. Das Problem ist, dass die Pflegebranche als zerklüftet gilt. Wohlfahrtsverbände und Kirchen mit ihren eigenen Tarifen gehören genauso dazu wie große und kleine private Anbieter.
Auch Kommunen sind in geringem Maße auf dem Markt aktiv. Hinzu kommt, dass nur wenige Pflegekräfte gewerkschaftlich organisiert sind - Schätzungen zufolge nur bis zu zehn Prozent. Laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) arbeiten derzeit lediglich rund 20 Prozent der Altenpfleger tarifgebunden. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen, dennoch einen von den Tarifpartnern ausgehandelten Vertrag auf die gesamte Branche erstrecken zu können - unter Wahrung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts. Die Kirchen beschäftigen über Caritas und Diakonie etwa jede dritte Pflegekraft in Deutschland.
Welche Kritik gibt es an dem Gesetz?
Zu den deutlichsten Kritikern gehören Zusammenschlüsse der privaten Anbieter, aber auch FDP und AfD. Sie bemängeln unter anderem, dass ein möglicher und von der Gewerkschaft Verdi und der erst im Sommer gegründeten Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche ausgehandelter Tarifvertrag nicht repräsentativ genug sei. Außerdem sorgen sie sich um die Kosten, die höhere Löhne verursachen würden.
Selbst Unterstützer der Tariflösung werfen der Regierung vor, bislang offen zu lassen, wie eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte finanziert werden soll. Im Raum stehen einer Studie zufolge bis zu fünf Milliarden Euro im Jahr. Kritiker befürchten, dass dafür am Ende Pflegebedürftige und ihre Angehörigen aufkommen müssten - dabei gelten diese allgemein eh schon als stark belastet durch die zu erbringenden Eigenanteile.
Wie geht es nach der Bundestagsabstimmung nun weiter?
Zunächst muss der Bundesrat das Gesetz noch billigen, bevor es wie geplant bis Ende des Jahres in Kraft treten kann. Danach wären erst einmal die Tarifpartner am Zuge: Verdi und die neue Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche wollen einen Tarifvertrag aushandeln. Diesen könnte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dann für allgemeinverbindlich erklären, so dass bei keinem Pflegeanbieter mehr schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen gelten dürften. Der Verband bpa der kleineren und mittleren Privatunternehmen hat bereits angekündigt, dagegen klagen zu wollen.
Was die Kosten für höhere Löhne angeht, so will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im kommenden Jahr ein Konzept für eine Finanzreform der Pflegeversicherung vorlegen. Er will nach eigenen Worten einen "fairen Ausgleich" schaffen.
Von Alexander Riedel