DOMRADIO.DE: Foodsharing heißt Lebensmittel teilen. In erster Linie retten Sie Lebensmittel vor dem Wegschmeißen. Und zwar nicht nur privat zu Hause, sondern im großen Stil. Wie tun Sie das?
Monika Maria Clouth (Repräsentantin der Bewegung "foodsharing"): Wir zeigen an jeder Ecke unsere Wertschätzung gegenüber allen Lebensmitteln. Wir sorgen uns darum, dass wir durch gute Planung selber keine wegschmeißen.
Ansonsten bitten wir Läden darum, dass wir Überschüsse, die nicht mehr vermarktungsfähig erscheinen - aus welchen Gründen auch immer, da staunen wir häufig selber - mitnehmen dürfen. Und die verteilen wir dann so, dass sie später noch genossen werden.
DOMRADIO.DE: Eine schrumpelige Gurke oder ein Apfel, der eine kleine Macke hat, würden weggeschmissen werden. Aber die bekommen Sie jetzt in Kartons oder Tüten und holen sie dann ab?
Clouth: Das auf alle Fälle. Wenn Sie aber den großen Maßstab ansprechen: Es werden unfassbare Mengen tadelloser Sachen vernichtet, weil sie aus irgendwelchen Gründen des Vertriebs nicht mehr zu Geld gemacht werden.
DOMRADIO.DE: Von Ihnen "gerettete" Lebensmittel haben auch ein Haltbarkeitsdatum, das schon weit zurückliegt. Diese Sachen essen Sie aber noch?
Clouth: Aber natürlich. Denn ein Haltbarkeitsdatum ist es ja eigentlich gar nicht. Es gibt ein Mindesthaltbarkeitsdatum, aber das ist eigentlich nur eine Zusage eines Herstellers über produkttypische Eigenschaften. Über die tatsächliche Haltbarkeit sollte sich jeder Mensch selber informieren. Das geht auch über die eigenen Körpersinne.
Man kann gar nicht auf den Tag genau sagen, wann die Haltbarkeit ablaufen würde. Anders wäre es beim Verbrauchsdatum. Das weist tatsächlich auf Gesundheitsgefahren hin und das respektieren wir auch als Foodsaver selbstverständlich.
DOMRADIO.DE: Im Oktober sind zwei Frauen für so genanntes Containern verurteilt worden, also für das Stehlen von Lebensmitteln aus einem versperrten Müllcontainer. Die Strafe für die Studentinnen war mild, wie haben Sie das empfunden?
Clouth: Das ist ein Skandal. Dass wir so etwas Kostbares wie Lebensmittel nicht mit der nötigen Wertschätzung betrachten und behandeln, dass jemand etwas, das vernichtet werden soll, nicht mehr essen darf, finde ich gruselig. Das ist eine Wunde in unserer Gesellschaft. Und da wird nicht in meinem Namen Recht gesprochen.
DOMRADIO.DE: Sie retten in erster Linie aus Respekt vor den Lebensmitteln, nicht wahr?
Clouth: Genau. Wir teilen mit allen, die mit uns teilen möchten. Wir gucken nicht nach Bedürftigkeit, weil wir glauben, dass genau das ein Weg ist, um Bedürftigkeit abzuschaffen. Wenn wir alle mit allen Gegenständen und Menschen mit Achtsamkeit umgehen würden - zum Beispiel mit dem Fokus auf Lebensmittel, dann würden wir aufeinander achten und gucken, dass jeder hat, was der Mensch so braucht. Dann würden wir uns nicht mehr über Bedürftigkeit unterhalten, die mit Spenden wieder aufgefüllt werden müsste.
DOMRADIO.DE: Auch im Kleinen kann man ja Lebensmittel retten. Haben Sie ein paar Tipps, wie man Lebensmittel wiederverwerten kann? Brot und Brötchen werden ja bei jedem immer mal hart und trocken…
Clouth: Wenn Sie tatsächlich schon hart geworden sind, gibt es Rezeptideen zuhauf im Internet. Wenn man es aber schon vorher absehen kann, kann man es den Nachbarn schenken oder in unsere Verteiler bringen. Das darf jeder. Unter www.foodsharing.de kann man sich informieren und unsere Verteilerstellen finden. Im Advent haben wir an Abenteuerhallen in Kalk eine Verteilung. Jeden Samstag um 15:30 Uhr im Advent kann man einfach kommen und gucken, was da so an Überschüssen zusammenkommt und dann wird geteilt.
Das Interview führte Tobias Fricke.