In einer historischen Entscheidung hat die US-Bischofskonferenz den Erzbischof von Los Angeles, Jose Horacio Gomez, als ersten Latino an ihre Spitze gewählt. Der neue Vorsitzende erhielt bei der Herbstversammlung in Baltimore gleich im ersten Wahlgang unter zehn Kandidaten mit 176 Stimmen die erforderliche Mehrheit. Der 67-jährige Gomez kam in Mexiko zur Welt und lebt erst seit den 80er Jahren in den USA.
"Echtes Signal an die Hispanier"
Die Konferenz feierte Gomez mit stehenden Ovationen. "Das ist eine Riesensache", sagt der Religionskolumnist Thomas Reese. "Einen mexikanisch-amerikanischen Vorsitzenden der Bischofskonferenz zu haben, sendet ein echtes Signal an die Hispanier." Sie nähmen nun nicht nur am Leben der Kirche teil, sondern seien "an höchster Stelle an ihrer Führung beteiligt".
Gomez zählt zum moderat konservativen Flügel der US-Bischofskonferenz. Ende der 80er Jahre wanderte der in Monterrey Geborene aus Mexiko ein und erhielt 1995 die US-Staatsbürgerschaft. 2001 ernannte Johannes Paul II. das Opus-Dei-Mitglied zum Weihbischof in Denver. Drei Jahre später zog Gomez als Erzbischof nach San Antonio, bevor er 2010 an die Spitze der Erzdiözese Los Angeles rückte, der größten des Landes.
Gomez gilt als Verfechter einer Einwanderungspolitik, die illegal in den USA lebenden Migranten ermöglichen soll, die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Der als eher schüchtern geltende Gomez fand in der Vergangenheit in wichtigen Momenten stets klare Worte. Deutlich bezog er nach dem Anschlag eines Rechtsextremisten in El Paso Stellung gegen weißen Nationalismus. "Der Mythos, dass Amerika von Weißen und für Weiße gegründet worden sei, ist genau das: ein Mythos", sagte er damals.
Wahlausgang allgemein erwartet
Gomez' Wahl reflektiert nach Ansicht von Analysten den wachsenden Einfluss der Latinos in der katholischen Kirche der USA. Etwa vier von zehn US-Katholiken sind hispanischer Abstammung. Er folgt Kardinal Daniel DiNardo (70) nach, der das Amt nach drei Jahren turnusgemäß weitergibt.
Während Gomez' Wahl allgemein erwartet worden war, gab es ein mit Spannung beobachtetes Rennen um den Stellvertreterposten. Dieser übernimmt dann in der Regel nach drei Jahren den Vorsitz. Im dritten Wahlgang setzte sich dabei Detroits Erzbischof Allen Vigneron (71) durch. Er gehört dem konservativen Flügel der US-Kirche an, der ein eher distanziertes Verhältnis zu Papst Franziskus hat.
Zum Auftakt der Herbstversammlung der Bischöfe hatte der päpstliche Nuntius in den USA, Erzbischof Christophe Pierre, Ungeduld mit der Umsetzung von Prioritäten des Papstes signalisiert. "Der pastorale Schub dieses Pontifikats muss das amerikanische Volk erreichen", sagte Pierre in einer von Beobachtern als ungewöhnlich deutlich gewerteten Rede in Baltimore.
"Unsere Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater kann in konkreten Aktionen ausgedrückt werden, die wir unternehmen können, um seine Lehrautorität besser unter den Menschen bekanntzumachen", empfahl der Nuntius. Insbesondere nannte er die Umwelt-Enzyklika "Laudato Si" (2015). Einige Positionen des Papstes bräuchten "größere Anstrengungen auf unserer Seite, um die Herzen der politischen und zivilen Führer zu erreichen".
DiNardo betont Kampf gegen US-Missbrauchskrise
Der scheidende Bischofskonferenz-Vorsitzende DiNardo setzte in seiner Abschiedsrede an die Bischöfe etwas andere Prioritäten. Er rückte "den fortgesetzten Kampf zur Verteidigung ungeborener Kinder" in den Fokus. Er erwähnte aber auch seine persönliche Herausforderung durch die US-Missbrauchskrise. Die Begegnungen mit den Opfern hätten sein Leben "für immer verändert". Ihr Zeugnis habe der Kirche "das Wissen gegeben, das wir brauchen, um etwas zu verändern." Dazu zählt DiNardo eine Korrektur des "bestehenden Klerikalismus". Kirchenführer müssten Diener sein.
Auf Rückfragen aus dem Plenum versicherte Bostons Kardinal Sean O'Malley, der Vatikan werde bald seinen angekündigten Untersuchungsbericht zu dem wegen sexuellen Missbrauchs aus dem Priesteramt entfernten Ex-Kardinal Theodore McCarrick (89) vorlegen.
Der Bericht könnte vor Weihnachten, spätestens aber im neuen Jahr fertig sein. Inhaltlich beschäftigten sich die US-Bischöfe an den ersten beiden Tagen zudem mit den Themen Priestermangel, Waffengewalt, Seelsorge für junge Menschen und Frauen mit ungeplanten Schwangerschaften.
Von Thomas Spang